JERUSALEM (inn) – Politiker von Regierungs- und Oppositionsparteien haben am Montag die Reden ihrer Kollegen von dem arabischen Parteienbündnis „Vereinigte Liste“ boykottiert. Sie verließen den Sitzungssaal, sobald ein Mitglied dieser Fraktion das Wort ergriff. Die Aktion hatten die Parteien vor Beginn der Wintersitzungsperiode der Knesset abgesprochen. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman (Israel Beiteinu) hatte die Maßnahme vorgeschlagen.
Der Grund für diesen Protest war die Weigerung der „Vereinigten Liste“, an der Beisetzung von Altpräsident Schimon Peres Ende September teilzunehmen. Der Vorsitzende Aiman Odeh sagte damals, Peres sei „Teil der Tragödien“ des arabischen Volkes. Der prominenteste arabische Vertreter bei der Trauerfeier war der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) Mahmud Abbas.
Boykott und Gegenboykott
Nach einem Bericht der israelischen Tageszeitung „Yediot Aharonot“ machten zwei „Likud“-Abgeordnete nicht mit: Oren Hasan, der offenbar nicht auf sein Recht verzichten wollte, bei den Reden dazwischenzurufen; und Rabbi Jehuda Glick, der erklärte, auf Boykott grundsätzlich verzichten zu wollen. Mindestens ein Minister musste gemäß den Vorschriften der Knesset im Saal bleiben; diese Rolle übernahm Tourismusminister Jariv Levin. Die Sitzung leitete die stellvertretende Knessetsprecherin Tali Ploskov von der Regierungspartei „Kulanu“.
Im Vorfeld betonte der Koalitionsvorsitzende David Bitan (Likud), der Protest richte sich nicht gegen arabische Abgeordnete, sondern gegen Mitglieder der „Vereinigten Liste“. Er sei symbolisch zu verstehen und dauere eine Woche lang an. Die Abgeordneten der „Vereinigten Liste“ reagierten ihrerseits mit einem Boykott und verließen den Saal, als Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) sprach.
Streitpunkt öffentlicher Rundfunk
Inhaltlich ging es bei der ersten Knesset-Sitzung nach drei Monaten Sommerpause vor allem um die Frage des öffentlichen Rundfunks. Netanjahu plant, die neu gegründete Behörde namens „Kan“ schon aufzulösen, bevor sie überhaupt auf Sendung geht; sie soll eigentlich die derzeitige Israelische Rundfunkbehörde (IBA) ersetzen, die unter Finanznot leidet. „Kan“ hat einem Gesetz aus dem Jahr 2014 zufolge größere politische Unabhängigkeit als IBA.
Anstatt die IBA zu ersetzen, soll diese nach den Plänen Netanjahus so umgebaut werden, dass sie wirtschaftlicher ist. Mehrere Regierungsmitglieder sind gegen dieses Vorhaben, darunter Finanzminister Mosche Kahlon (Kulanu). Das Kabinett stimmt in der kommenden Woche darüber ab. (df)Abbas begnadigt Kritiker (inn)
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