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Stimmen von der Antisemitismus-Konferenz

BERLIN (inn) – Die Internationale Parlamentarierkonferenz zur Bekämpfung des Antisemitismus hat zum dritten Mal über Maßnahmen gegen Vorurteile und Hass gegenüber Juden debattiert. In Berlin kamen dazu mehr als 100 Parlamentsmitglieder aus fast 40 Ländern zusammen.
Auf der Berliner Konferenz sprach auch die ehemalige israelische Ministerin Livni (Archivbild)
„Die Bekämpfung des Antisemitismus ist ein ganz wichtiges Thema – in Deutschland, in Europa, aber auch in den anderen Teilen der Welt.“ Dies hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrem Grußwort an die Teilnehmer der Berliner Antisemitismus-Konferenz gesagt. Ein großes Thema war der Zusammenhang zwischen Antisemitismus und der Flüchtlingskrise, Antisemitismus im Sport (insbesondere im Fußball), sowie Hass im Internet.

„Antisemiten können nicht integriert werden“

Einer Pressemitteilung des deutschen Bundestags zufolge äußerte Merkel Verständnis für den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Dieser hatte unlängst die Sorge geäußert, durch den starken Zuzug von Menschen aus Gebieten, wo es israelfeindliche Bilder gebe, könnten diese Bilder nach Deutschland importiert werden. Er befürchtete, dies könne zu einem Antisemitismus führen, der das Wertegefüge in eine Richtung brächte, „die wir alle nicht wollen“. Merkel befand es als völlig legitim, diese Sorge zu äußern. Jedem in Deutschland Lebenden müsse klar sein, „dass Antisemitismus und Vorurteile gegenüber anderen Menschen bei uns keinen Platz haben“. Sehr deutlich bezog Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) Stellung: „Antisemitismus geht gegen unsere Verfassung, geht gegen unsere Zivilisation, steht gegen alles, woran wir glauben, und alles, was wir gelernt haben.“ Anzukommen im Herzen der deutschen Gesellschaft bedeute auch, das Bekenntnis gegen den Antisemitismus im Herzen anzunehmen. Ähnliche Worte fand zuvor bereits Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). „Wer nach Deutschland kommt, wandert in das Grundgesetz ein“. Darin sei die Frage, wie die Deutschen sich das friedliche Zusammenleben der Menschen vorstellten, geregelt. Dies stehe für niemanden zur Disposition. Wer in Deutschland leben wolle, müsse das Existenzrecht Israels anerkennen. „Antisemiten können nicht integriert werden.“ Bei der Begrüßung der Konferenzteilnehmer sagte er, es gebe zwar keinen Kausalzusammenhang zwischen den Flüchtlingsströmen und dem Antisemitismus. „Es gibt aber Verbindungen, bei denen ich uns dringend empfehle, dass wir sie weder übersehen noch voreilige Verknüpfungen herstellen.“ Der erste Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, erinnerte mahnend an die heutige Situation von Juden in Europa. Jüdische Kinder verließen öffentliche Schulen, weil sie sich belästigt fühlten, Lehrer trauten sich nicht, über den Holocaust zu unterrichten, Synagogen müssten schwer bewacht werden. „Sie werden nicht dafür diskriminiert, was sie tun, sondern dafür, wer sie sind“, sagte der ehemalige Außenminister der Niederlande. Er äußerte zudem sein Bedauern, dass das Leugnen des Holocausts derzeit nur in 13 der 28 EU-Mitgliedsstaaten unter Strafe gestellt ist.

Der Hass auf Israel beruht auf Stereotypen

„Heute.de“, die Nachrichtenwebsite des ZDF, befragte die Linguistin Monika Schwarz-Friesel über Antisemitismus im digitalen Zeitalter. Die Stereotype, derer sich Antisemiten bedienen, seien seit Jahrhunderten unverändert, erklärte die Antisemitismusforscherin. „Juden seien das Übel der Welt. Ohne sie gebe es Frieden. Seit der Gründung des Staates Israel werden diese Stereotype auch auf den jüdischen Staat übertragen.“ In Zeiten des Internets äußere sich Judenhass besonders aggressiv und brutal. „Da heißt es ‚Alle Juden ins Gas’, oder ‚Werft die Bombe auf Israel’. Das ist heute leider traurige Normalität, nicht nur auf rechtsradikalen Homepages“, fuhr sie fort. Schwarz-Friesel sah einen direkten Bezug zwischen den Antisemitismus unter Flüchtlingen und deren Herkunftsland. In Syrien gehöre der Hass auf Israel zur Staatsdoktrin. „Wir dürfen nicht so naiv sein zu glauben, dass Menschen, die von dort kommen, nach wenigen Monaten einen Glauben, den sie von klein auf internalisiert haben, plötzlich über Bord werfen.“

Britischer Justizminister vergleicht BDS mit Apartheid

Im Rahmen der Konferenz in Berlin sprach auch der britische Justizminister, Michael Gove, über die anti-israelische Protestbewegung „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“ (BDS). Die israelische Tageszeitung „Yediot Aharonot“ zitierte ihn mit den Worten: „ Die BDS-Bewegung behauptet, sie kämpfe gegen Apartheid. Dabei benutzt sie ihrerseits Methoden der Apartheid, indem sie dazu aufruft, jüdische Akademiker zu meiden, jüdische Waren zu boykottieren und jüdische Handelsbeziehungen zu de-legitimieren.“ Gove teilte der ehemaligen israelischen Justizministerin Zippi Livni mit, die Außen-, Innen- und Justizministerien Großbritanniens arbeiteten gemeinsam daran, gegen die Beschuldigung hochrangiger israelischer Staatsgäste in Großbritannien als „Kriegsverbrecher“ vorzugehen. Livni sagte in Berlin, Antisemitismus trage das Kostüm der Kritik an israelischer Politik. „BDS hat Erfolg, weil die Leute nicht verstehen, dass diese Organisation nicht besteht, um den Palästinensern zu helfen oder um gegen bestimmte politische Positionen Israels zu protestieren. Stattdessen lehnen sie die Daseinsberechtigung Israels ab.“

Steinmeier will konkrete Maßnahmen

Die Konferenzteilnehmer einigten sich auf die Einrichtung dreier internationaler Arbeitskreise. Deren Themen sind Hass im Internet, Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft und Antisemitismus im Sport. Die Konferenz fand am vergangenen Montag und Dienstag statt. Veranstalter waren die „Interparlamentarische Koalition zur Bekämpfung von Antisemitismus“ (ICCA) und die „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (OSZE). (jms)

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