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Abbas droht mit Abschied von Oslo-Verträgen

NEW YORK (inn) – Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas bringt vor aller Welt die Aufkündigung des Friedensprozesses ins Gepräch. Israel halte sich nicht an Vereinbarungen, begründet er das Gedankenspiel. Israels Premier Benjamin Netanjahu verurteilt die Rede als lügnerisch.
Abbas spielt mit dem Gedanken, die Oslo-Verträge aufzukündigen
In der mit Spannung erwarteten Rede Mahmud Abbas‘ bei der UN-Generaldebatte in New York hat der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde angekündigt, notfalls aus dem Oslo-Abkommen auszusteigen. Israel verletze die Vereinbarungen. „Wir erklären, dass, solange sich Israel nicht an die mit uns gefassten Vereinbarungen hält, sie uns keine andere Wahl lassen, als darauf zu bestehen, dass wir nicht die einzigen bleiben, die sich für die Umsetzung der Vereinbarungen einsetzen, während Israel diese weiter verletzt.“ Im Einzelnen warf Abbas Israel vor, in den 1990er Jahren nach Unterzeichnung der Oslo-Verträge und weiterer Vereinbarungen nicht aus dem Westjordanland abgezogen zu sein. Anstatt dessen habe Israel den Siedlungsbau verstärkt. Israel verhindere zudem die Entwicklung der palästinensischen Wirtschaft. „Damit hat Israel die Grundlagen zerstört, auf denen die politischen und Sicherheitsvereinbarungen aufbauen.“

Netanjahu: Abbas will keinen Frieden

Im Vorfeld der Rede hatte Abbas eine „Bombe“ angekündigt, und viele erwarteten die Ankündigung seines Rücktritts oder die Auflösung der Autonomiebehörde. Zu derart drastischen Äußerungen kam es letztlich nicht. Zu Beginn seiner Rede äußerte sich Abbas zu den Unruhen um die Al-Aksa-Moschee auf dem Jerusalemer Tempelberg. Extremistische Israelis hätten das Heiligtum beleidigt, indem sie Muslimen den Zugang verboten hätten. Israelische Sicherheitskräfte hätten dies zugelassen. Israels Regierung plane, muslimische und christliche Stätten zu unterwandern. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu erklärte, Abbas‘ Rede sei „gefüllt mit Falschheit“ und hetzerisch. „Im Gegensatz zu den Palästinensern hält sich Israel strikt an den Status quo auf dem Tempelberg“, heißt es in einer Stellungnahme, die sein Büro veröffentlicht hat. Der Premier rief demnach die palästinensischen Politiker auf, das Angebot direkter Verhandlungen mit Israel ohne Vorbedingungen anzunehmen. „Der Fakt, dass Abbas das einmal mehr nicht tut, ist der beste Beweis dafür, dass er keine Friedensvereinbarung erreichen möchte.“ Auf Abbas‘ Äußerungen zu den Oslo-Verträgen ging Netanjahu nicht ein.

Jubel und Skepsis bei Palästinensern

Nach der Rede wurde zum ersten Mal in der Geschichte die palästinensische Flagge am UN-Sitz in New York gehisst. Im Westjordanland verfolgten jubelnde Palästinenser dies auf in mehreren Städten öffentlich aufgestellten Bildschirmen, berichtet die israelische Onlinezeitung „Times of Israel“. Die islamistische Hamas reagierte auf die Rede skeptisch. „Sie war sehr emotional und wird daran gemessen werden, wie lange Abbas braucht, sein Bekenntnis umzusetzen, die Vereinbarungen mit der israelischen Besatzung zu beenden“, sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri. Im linken Politikspektrum Israels wurde die Rede unterschiedlich bewertet. Oppositionsführer Jitzhak Herzog warf Abbas laut der Tageszeitung „Jerusalem Post“ Hetze vor. Er habe Angst vor Entscheidungen. Das gleiche gelte jedoch auch für Netanjahu. Der Vorsitzende des arabischen Parteienbündnisses, Aiman Odeh, pflichtete Abbas in dem Punkt bei, Netanjahu habe die Vereinbarungen verletzt und „Oslo zerstört“. In den Analysen israelischer Medien mischt sich Optimismus und Pessimismus. Die „Jerusalem Post“ sprach von einer „leeren Bombe“. Abbas‘ Drohung sei nicht neu. Im Grunde habe er die Pistole auf den Tisch gelegt, aber nicht gefeuert. „Kurz gesagt: Abbas hat nicht alle Brücken mit Israel abgebrochen“, meint der Nahost-Beobachter Chaled Abu Toameh. Die Tageszeitung „Yediot Aharonot“ hat einen skeptischeren Blick: Wenn es keinen Durchbruch gebe und direkte Verhandlungen begännen, werde Abbas Oslo aufkündigen – nicht mit einem Schlag, aber Stück für Stück, meint der Journalist Elior Levi. (df)

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