Mindestens elf Polizisten wurden nach dem Angriff auf die Parade belangt. Betroffen seien hochrangige Polizeivertreter mit Schlüsselpositionen in den Bereichen Sicherheit und Geheimdienstinformationen. Die Disziplinarmaßnahmen reichten von formalen Rügen, über das Versetzen in andere Abteilungen bis hin zu Beförderungsverboten und einem Dienstverbot in befehlshabenden Stellen.
Wenige Wochen vor der Homosexuellen-Parade war der jüdische Extremist Jischai Schlissel aus der Haft entlassen worden. Er saß zehn Jahre im Gefängnis, weil er im Jahr 2005 bei einer Schwulen-Parade drei Menschen mit einem Messer verletzt hatte. Während des Umzugs am 30. Juli stach er sechs Menschen nieder. Die 16-jährige Schira Banki erlag wenige Tage später ihren Verletzungen.
Wie die Tageszeitung „Yediot Aharonot“ berichtet, hat eine interne Untersuchung der Polizei zahlreiche Versäumnisse bei den Sicherheitsvorkehrungen für die Parade enthüllt. In einem am Sonntag veröffentlichten Bericht wird kritisiert, dass es Schlissel gelingen konnte, bis zu dem Umzug vorzudringen. Unklar sei, weshalb der ehemalige Häftling nicht unter Beobachtung gestellt wurde – obwohl er gedroht hatte, Teilnehmer der Parade anzugreifen. Polizisten vor Ort seien zudem nicht über die Haftentlassung des religiösen Fanatikers informiert gewesen. Auch sei versäumt worden, Fotos von Schlissel an die Polizisten vor Ort weiterzugeben. Ein geplanter Kontrollpunkt auf der Straße, von der aus Schlissel sich zur Parade begeben hatte, sei nicht eingerichtet worden. Die Sicherheitsprotokolle seien nicht nach Plan umgesetzt worden. So wurde nur der Bereich innerhalb der Parade kontrolliert, nicht aber die umliegenden Straßen, heißt es in dem Bericht.
Israels Minister für öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan, sagte laut der Tageszeitung „Jerusalem Post“, die Erkenntnisse des Ermittlungsausschusses und die Disziplinarempfehlungen seien „beispiellos in ihrer Tragweite“.
Die Eltern der ermordeten Schülerin Schira Banki erklärten nach Bekanntwerden des Polizeiberichtes: „Der Report wird Schira ihrer Familie nicht zurückbringen. Aber die Familie hofft, dass die festgestellten Mängel korrigiert und die gezogenen Schlüsse in bestmöglicher Weise angewendet werden, um eine Wiederholung solcher Vorfälle zu verhindern.“ (dn)