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Rivlin: Scherben vom Gaza-Rückzug noch nicht eingesammelt

JERUSALEM (inn) – Zehn Jahre nach dem Rückzug hat Staatspräsident Reuven Rivlin die einstigen israelischen Bewohner des Gazastreifens gewürdigt. Ein ehemaliger Siedler betonte, dass er trotz der traumatischen Erfahrung den Blick in die Zukunft richte.
Zum Gedenken hatte Staatspräsident Rivlin ehemalige Gaza-Siedler in seine Residenz eingeladen.
Auch zehn Jahre nach ihrer Evakuierung aus dem Gazastreifen haben zahlreiche frühere Siedler noch keine feste Bleibe gefunden. Am Mittwochabend nahmen viele ehemalige Bewohner der jüdischen Verbandsgemeinde Gusch Katif an einer Gedenkzeremonie in der Residenz des Präsidenten teil. Da das Staatsoberhaupt um seine verstorbene Schwester trauert, verlas die Ehefrau Nechama Rivlin seine Ansprache. „Die Geschichte von Gusch Katif und seinen Bewohnern ist keine örtliche Geschichte, sondern eine nationale Geschichte“, zitiert das israelische Präsidialamt aus der Rede von Reuven Rivlin. „(Die geräumte Siedlung) Netzarim ist wie Tel Aviv eine Geschichte des zionistischen Siedelns, das heldenhaft erstand und sein Leben und sein Geld aufs Spiel setzte, um die Wiederaufrichtung des jüdischen Volkes in seinem Land zu begründen.“

Offene Wunden

In Anlehnung an die Pessach-Haggada, nach der Juden den Sederabend des Passahfestes begehen, forderte Rivlin: „Wir müssen das ‚Du sollst deinem Sohn sagen‘ einführen – für die Geschichte der Siedler, die ihr Leben riskierten und die Wüste zum Blühen brachten, die Einrichtungen für Bildung und Kultur, für Torah und Gemeinde gründeten.“ Der Staatspräsident lobte die Entscheidung der Führungsgremien der damaligen Siedler, keinen gewaltsamen Widerstand gegen die Räumung zu leisten: „Im Augenblick des schwersten Zusammenstoßes zwischen der Liebe zum Land, zum Staat und zum Volk konnten die Bewohner von Gusch Katif sich überwinden und mit Liebe statt mit Gewalt antworten. Wir müssen von Helden erzählen, die von Gesandtschaft und Glaube erfüllt waren, vor deren Augen der Staat Israel erstand, die ihre Kleider zerreißen und die Entscheidung der Mehrheit auf sich nehmen konnten.“ Obwohl der Abzug zehn Jahre her ist, seien noch nicht alle Scherben zusammengefügt, ergänzte Rivlin. „Während wir den zehnten Jahrestag begehen, müssen wir versprechen, dass wir in der Lage sind, die Scherben einzusammeln und ein neu-altes Haus zu bauen. Der Weg zur Heilung ist nicht einfach, aber wir sind verpflichtet, ihn gemeinsam zu gehen.“Knessetsprecher Juli Edelstein zog in seiner Rede Schlussfolgerungen aus dem einseitigen Rückzug: „Eine ist, dass die Mehrheit zwar entscheidet, aber nicht immer recht hat. Nicht alles, was zu gegebener Zeit populär wirkt, ist das Richtige und Angemessene.“ In diesem Zusammenhang kritisierte der Likud-Politiker auch die Berichterstattung der Medien über die Räumung.

„Vertriebene ohne Zuhause“

Bei der Veranstaltung in der Residenz des Präsidenten kamen auch vier ehemalige Bewohner des Gazastreifens zu Wort. Einer von ihnen, David Hatuel, hatte im Mai 2004 bei einem Schussattentat seine gesamte Familie verloren. Die Ehefrau Tali, die im neunten Monat schwanger war, starb ebenso wie die vier Kinder zwischen zwei und elf Jahren. „Ein Jahr nach dem furchtbaren Mord an meiner Familie wurden alle Bewohner von Gusch Katif aus ihren Häusern vertrieben und wurden zu Flüchtlingen, Vertriebenen ohne Zuhause, ohne Einkommen, in alle Teile des Staates zerstreut“, sagte Hatuel. In der täglichen Auseinandersetzung mit dem unerträglichen Verlust habe er beschlossen, nicht zu verzweifeln. „Mit Gottes Hilfe war es mir vergönnt, ein zweites Mal zu heiraten, nämlich Limor, und wir haben heute vier süße Kinder.“ Der ehemalige Siedler fügte hinzu: „Zehn Jahre nach der Vertreibung und dem Versprechen, dass jeder der Evakuierten ein Haus finden würde, und ich bin 46, war es mir noch nicht vergönnt, mein festes Haus zu bauen. Das Haus, das ich vor der Vertreibung hatte. Werde ich es vor meinem 47. Geburtstag bauen können?“ Mit anderen Mitgliedern der Gemeinde Gusch Katif wollten sie eine neue Ansiedlung in der Wüste Negev gründen. Der Israeli zitierte aus Psalm 126,4: „Herr, bringe zurück unsre Gefangenen, wie du die Bäche wiederbringst im Südland.“ Im Sommer 2005 hatte die israelische Regierung unter Ariel Scharon in einem einseitigen Schritt alle Siedlungen im Gazastreifen und vier jüdische Ortschaften im Westjordanland geräumt. Viele ehemalige Bewohner von Gusch Katif leben bis heute in provisorischen „Caravillen“. (eh)

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