Anlass für die Forderung ist eine neue Studie des Harman-Instituts für zeitgenössisches Judentum, das zur Hebräischen Universität in Jerusalem gehört. Demnach beläuft sich die Zahl der Juden weltweit auf rund 14,2 Millionen. Wenn das Kriterium jedoch ein jüdischer Vater ist und nicht, wie in religiösen Bestimmungen vorgegeben, eine jüdische Mutter, gibt es 17,2 Millionen Juden. Auf die Zahl 22,9 Millionen kommt man, wenn Menschen gezählt werden, die jüdische Vorfahren nachweisen können, die drei Generationen zuvor gelebt haben.
Letzteres Kriterium gilt für das Rückkehr-Gesetz. Alle, die jüdische Vorfahren in diesem Sinne nachweisen können, dürfen als Juden nach Israel einwandern. Diese Vorgabe ist die gleiche wie bei den Nürnberger Rassegesetzen unter den Nationalsozialisten. Sie wird insofern als Antwort Israels auf die Bedrohung durch Antisemitismus verstanden, der auf rassistischen und nicht auf religiösen Kriterien basiert.
Lau: Kriterium zu weit gefasst
Für den aschkenasischen Oberrabbiner David Lau sind die Bestimmungen zu weit gefasst. Denn der Staat erkennt damit neun Millionen Menschen als Juden an, die nach religiösen Kriterien gar nicht als Juden gelten. Lau fürchtet, dass Israel mit der möglichen Zahl der Einwanderer überfordert wird. „Israel kann sich dazu entscheiden, der Wohlfahrtsstaat der Dritten Welt zu sein. Doch solange diese Entscheidung nicht gefallen ist, muss die Einwanderung von Nicht-Juden gestoppt werden“, sagte Lau gegenüber der israelischen Tageszeitung „Yediot Aharonot“. Der Oberrabbiner befürchtet außerdem eine Zunahme an interkonfessionellen Heiraten.
Als Beispiel führt er die Einwanderung von 73 Menschen an, die wegen eines jüdischen Vaters beziehungsweise Großvaters, der in Moskau begraben liege, als Juden gelten. „Wir müssen das Rückkehr-Gesetz sofort ändern, so dass es nur diejenigen einbezieht, die gemäß der Halacha als Juden gelten.“ In der Halacha, der jüdischen Gesetzesnorm, ist das Mutterprinzip festgeschrieben, wonach als Jude gilt, wer eine jüdische Mutter hat. Diese Vorgabe kennt die Torah noch nicht. Sie kam erst mit dem rabbinischen Judentum auf.
Derzeit debattiert Israel die Reform zum Konversions-Gesetz. Die neue Version soll Übertritte zum Judentum erleichtern, indem auch regionale Rabbis diese durchführen dürfen. Dadurch sollen die Wartezeiten verkürzt werden, die vielen Befürwortern der Reform zufolge ein Hindernis für den Übertritt sind. Premier Benjamin Netanjahu hat sich gegen die Reform ausgesprochen. Am Sonntag hat das Kabinett eine Version gebilligt, der zufolge die endgültige Bestätigung einer Konversion dem Oberrabbiner überlassen bleibt.