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25 Jahre Friedensgespräche – eine denkwürdige Beobachtung

Vor einem Vierteljahrhundert begann im Nahen Osten der Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern. Harry Neumann hat einen großen Teil dieser Zeit in Israel und im Gazastreifen verbracht. In einem persönlichen Rückblick legt er dar, warum die Verhandlungen aus seiner Sicht bislang keinen Erfolg hatten – und wie sich das ändern könnte.
Selbst der vollständige israelische Abzug aus dem Gazastreifen 2005 zog weitere palästinensische Forderungen nach sich.

Kurze Zeit, nachdem ich im Herbst 1987 nach Israel zog, begann die 1. Intifada. Ich wohnte bei einer jüdischen Familie in Galiläa, und meine Hebräischkenntnisse waren damals noch sehr gering. So war ich auf die meist in Englisch angebotenen Übersetzungen meiner Freunde und Bekannten angewiesen, um zu verstehen, was damals während der 1. Intifada in Israel passierte, beziehungsweise was die Menschen darüber dachten.
Natürlich verurteilten die meisten Israelis die Gewalt auf beiden Seiten, aber manche erkannten die Unzufriedenheit der Araber im Gazastreifen und der Westbank. Fehlende Infrastruktur, Gesundheitsversorgung, Bildung, eingeschränkte Reiserechte führten aus ihrer Sicht zu den Aufständen der arabischen Bevölkerung in diesen Gebieten.
Andere vertraten die Meinung, dass alle Araber, die nicht in Frieden mit Juden in Israel leben wollten, des Landes verwiesen werden sollten. Schließlich gebe es auf der Welt genügend arabische Staaten, die ihre Brüder und Schwestern aufnehmen könnten.
Auch entbrannte eine heftige Diskussion, ob man Jasser Arafat und die damals in Tunesien ansässige Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) als Vertreter der Palästinenser anerkennen wolle, da viele in Israel die PLO als Terror-Organisation sahen und lieber mit Vertretern aus Gaza und der Westbank verhandelt hätten. Unter dem Druck der anderen beteiligten Parteien stimmte Israel dieser Forderung letztendlich zu. Viele in Israel dachten: „Gut, wir haben genug von dem Konflikt; wir werden damit leben, um des Friedens willen.“
Es begann die Zeit der Verhandlungen zwischen Vertretern der israelischen Regierung auf der einen sowie Vertretern verschiedener arabischer Staaten und der Palästinenser auf der anderen Seite. Die Unterzeichnung der Oslo I+II-Abkommen in den Jahren 1993 und 1995 mit dem berühmten Händedruck zwischen Arafat und Rabin vor dem Weißen Haus in Washington ließ die Hoffnung auf einen Frieden weiter wachsen. Sie wurde gekrönt durch die Anerkennung Israels seitens Chinas und Indiens, vor allem aber verschiedener arabischer Staaten, wie Marokko, Tunesien, Oman, Katar und Saudi-Arabien. (1)

Palästinensische Forderungen am laufenden Band

Obwohl verschiedene Verhandlungspunkte, wie die Rückführung der palästinensischen Flüchtlinge, die israelischen Siedlungen in den umstrittenen Gebieten, der Status von Jerusalem und die letztendliche Grenzführung zwischen Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten weiterhin offen blieben, wurden in der Folgezeit viele Forderungen der Palästinenser erfüllt:
Jericho und der Gazastreifen wurden der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) unterstellt. Die verlangte, dass Arafat zur Sicherung des Friedens eine eigene bewaffnete Polizeitruppe bekommt. Selbst als diese „Polizei“ auf israelische Soldaten und Zivilisten schoss, sagten die Menschen in Israel: „Gut, irgendwie werden wir damit leben. Der Frieden verlangt es so.“
Auch wurde von Israel verlangt, bei den PA-Menschenrechtsverletzungen und der antisemitischen Propaganda in der palästinensischen Presse und den Schulbüchern hinwegzusehen, nur dann könnte der Friedensprozess weiter gehen.
Dann war es unbedingt erforderlich, dass Arafat mehr Land in Judäa und Samaria erhielt. Nur dann konnte er „sein Regime festigen“, wurde gesagt. Also übergab Israel mehr als 30 Prozent der Westbank, obwohl die PA es verfehlt hatte, ihren ursprünglichen Verpflichtungen aus dem Oslo-Vertrag nachzukommen.
Zwar hatten die Palästinenser im April 1996 beschlossen, alle Passagen aus der PLO-Charta von 1968 zu streichen, die das Existenzrecht Israels nicht anerkannten oder die Vernichtung Israels forderten. Doch leider wurde die neue Charta nie bestätigt oder veröffentlicht.
Auch erwies sich die Verpflichtung der PA zur Terrorbekämpfung als reines Lippenbekenntnis. Die Anzahl der Anschläge hat sich seit Beginn der Friedensverhandlungen vervielfacht.
Nichtsdestotrotz gingen die Forderungen der Palästinenser nach mehr Land weiter. Die Wye-Vereinbarung führte dazu, dass 98 Prozent der palästinensischen Bevölkerung unter Arafats Kontrolle gestellt wurden. Einige jüdische Städte wurden zu isolierten Inseln innerhalb des von den Palästinensern kontrollierten Territoriums. Auch Hebron, die Stadt Abrahams, wurde der PA übergeben – mit minimalen Sicherheitsabmachungen für den Schutz der jüdischen Einwohner.
Die Freilassung palästinensischer Häftlinge wurde verlangt. Selbst Terroristen, die jüdisches Blut an den Händen hatten, wurden übergeben. Trotz Kritik in der Öffentlichkeit nahmen die Israelis es hin.
In Ostjerusalem baute die PA ein „Parlaments“-Gebäude, obwohl der Status von Jerusalem bislang ausgeklammert war. Illegale Bautätigkeit auf dem Tempelberg zerstörte jüdische Relikte und Schichten archäologischer Geschichte, die bis in die Zeit der Tempel zurückreicht. (2)
Die Menschen schauten fort, weil Frieden Kompromisse erfordert.
Im Sommer 2000 begannen Arafats Drohungen; er redete von einem erneuerten bewaffneten Konflikt und der einseitigen Ausrufung eines Staates. Die 2. Intifada begann im Herbst 2000. Die fünf Jahre davor waren bereits gekennzeichnet von unzähligen Anschlägen, aber nun eskalierte die Gewalt. Trotzdem sollte Israel seine Entrüstung um des Friedens willen unterdrücken.
Das Angebot des israelischen Premierministers Ehud Barak im Jahr 2000 in Camp David beinhaltete praktisch die gesamte Westbank, den Gazastreifen und Ostjerusalem. Doch Arafat lehnte ab.
Er hatte die Möglichkeit, einem Vertrag zuzustimmen, der über 90 Prozent seiner Forderungen erfüllte. Stattdessen brach er die Verhandlungen ab, und die Stimmung in Israel änderte sich. Arafats Weigerung war die Bestätigung für die Hardliner, dass die Palästinenser nie zufrieden sein würden.
Die Menschen begannen, den Friedensprozess in Frage zu stellen und dagegen zu protestieren. Es dauerte weitere zwei Jahre voller terroristischer Gewalt und Selbstmord-Bombenanschläge, bevor Israel die „Operation Schutzschild“ startete und begann, den Sicherheitszaun zu bauen.
Doch das „Nur wenn“-Syndrom herrschte immer weiter: Nur wenn Israel den Palästinensern mehr zugestand, gab es eine Chance, den Friedensprozess zu retten.
Im Jahr 2005 ließ der damalige Premierminister Ariel Scharon alle verbliebenen israelischen Siedlungen im Gazastreifen räumen. In Gaza wurde dieser Abzug als historischer Sieg gefeiert. In Israel hofften viele, dadurch noch einmal den Friedensprozess auf Kurs zu bringen. Doch bei den palästinensischen Wahlen gewann die radikale Hamas, die Israel nicht anerkennt und keine Friedensverhandlungen will. In der Folge wurden aus Gaza Raketen auf Israel geschossen, Tag für Tag, bis heute.
2009 stellten die Palästinenser erneut Vorbedingungen für die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit Israel. Drei Jahre später stellte Arafats Nachfolger Mahmud Abbas das vereinbarte Gerüst für den Frieden auf den Kopf. Ohne einen einzigen Kompromiss ausgehandelt zu haben, ging er vor die UNO-Vollversammlung und beschuldigte Israel zahlreicher Verbrechen, wie ethnische Säuberung, Terrorismus oder Apartheid.
Er drohte, „Israels Präsenz als Besatzungsmacht im gesamten besetzten palästinensischen Territorium“ durch den Internationalen Gerichtshof zu kriminalisieren. Dann wurde eine Art virtueller PA-Staat von der UNO „anerkannt“, gegen Israels Einsprüche. Abbas hielt an seiner Ablehnung direkter Gespräche ohne Vorbedingungen fest.
Doch die internationale Gemeinschaft bestand darauf, dass Israel die Pflicht habe, die Hoffnungen auf Frieden am Leben zu halten. Die palästinensische Wirtschaft wurde international mit Millionenbeträgen unterstützt, Israel machte mit. Und die Welt? Sie forderte zusätzliche israelische Gesten und Zugeständnisse und Abzüge, um die PA und den „Prozess“ zu stützen. Nur wenn …
Im vergangenen Jahr kam US-Präsident Barack Obama nach Israel, im Gepäck die Forderung nach „Gerechtigkeit“ für die Palästinenser und die Idee, dass die Israelis von ihren Führungspolitikern „fordern“, härter auf Frieden zu drängen. Nur wenn Israel „die Besatzung beendet“, sagte Obama, würde seine Zukunft sicher sein.
Und die erneuerten Friedensgespräche? Auch hier musste Israel Vorbedingungen erfüllen, etwa einer massiven Freilassung von arabischen Hardcore-Terroristen aus israelischen Gefängnissen zustimmen – nur dann könnten Gespräche beginnen. Also stimmte Premierminister Benjamin Netanjahu diesen palästinensischen Vorbedingungen und amerikanischen Diktaten zu, um des Friedens willen.

Der Traum von der Gerechtigkeit

Was geschieht jetzt? – Kürzlich hatte ich einen Traum. Darin entwickelte sich eine weltweite Gegenreaktion. Das Volk Israels, unterstützt von seinen echten Freunden, wachte aus seinem Schlummer auf und sagte: „Es reicht!“ Eine Million Israelis gingen in Tel Aviv auf die Straße, um zu erklären, dass noch so viele palästinensische Drohungen oder Gewalt, auch kein internationaler Druck, sie weiter kompromittieren könnten. Auch in Berlin und London, in Amsterdam und Paris, in New York und Toronto, in Peking und Seoul, überall auf der Welt gingen Millionen von Menschen auf die Straßen, um ihre Sympathie mit Israel zu bekunden.
Die Israelis erklärten mit überwältigender Mehrheit: Wir werden uns nur mit den Palästinensern einigen, wenn es keine Rückkehr zu den Grenzen von 1967 gibt; nur wenn eine Vereinbarung die verbleibenden israelischen Städte in Judäa und Samaria schützt; nur wenn die PA von ihren Forderungen Abstand nimmt, Israel mit Flüchtlingen zu überschwemmen; nur wenn Israel die Souveränität in Jerusalem behält; nur wenn die Hamas neutralisiert wird und sowohl der Gazastreifen und die Westbank demilitarisiert werden, es keine Raketen mehr auf Israel regnet; und nur wenn Erziehung zum Frieden die antisemitische Hetze in der PA ersetzt. Nur wenn die Palästinenser wirklich zeigen, dass sie mit Israel in Frieden leben wollen.
In den Hauptstädten der Welt riefen die Demonstranten den Politikern zu: „Nicht die Siedlungspolitik Israels verhindert den Friedensprozess, sondern die Raketenangriffe aus Gaza.“ In Brüssel ging eine Petition an die Außenbeauftragte der EU, Catherine Ashton, mit mehr als einer Million Unterschriften und einer Aufforderung zu einer realistischeren Einschätzung der Situation. Es kann nicht sein, dass Israel unbegrenzt arabische Flüchtlinge aufnehmen muss, während die Palästinenser einen „judenfreien“ Palästinenserstaat fordern, war einer der Punkte auf der Petition.
Und die UNO? Dort fingen einige an, die alten Dokumente zu lesen und zu verstehen, dass durch die Weigerung der Araber im Jahr 1948, das britische Mandat für einen palästinensischen Staat anzunehmen, für sie gar keine Rechte an einem Land existieren, welches sie nie in Besitz genommen hatten. Dass vielmehr die alte Balfour-Deklaration von 1917 Gültigkeit hat, mit einem arabischen Teil, östlich des Jordans (Jordanien), und einem jüdischen Teil westlich des Jordans (Israel). Wer sich die alte Karte von damals anschaut, erkennt … genau die Grenzen von heute!
Und angesichts des entschlossenen israelischen Konsenses und der weltweiten Unterstützung Israels suchte die PA zu vernünftigen Bedingungen um Frieden.

Mandela: Palästinenser müssen von Juden lernen

Nur ein Traum? – In den späten 90ern arbeitete ich für eine humanitäre Organisation im Gazastreifen. Vertreter aus der palästinensischen Bevölkerung sagten mir Folgendes:
„Nur wenn Israel uns Grenzen setzt, wird Platz für Frieden sein. Nur wenn die Korruption in der PA aufhört, wird es Frieden geben. Nur wenn wir selber unser Schicksal in die Hand nehmen und uns nicht mehr von den tunesischen Banden Arafats (Fatah) oder der Hamas fremdbestimmen lassen, wird es Frieden geben.“
In einer unvergesslichen Begegnung mit Nelson Mandela in Gaza wurde er nach seiner Meinung über die unsägliche, israelische „Apartheidspolitik“ gefragt. Nach einer Weile des fast unangenehmen Schweigens blickte der alte Mann auf und sagte: „Sie sollten die Ärmel hochkrempeln und von den Juden lernen, wie sie ihr Land aufgebaut haben, anstatt zu jammern.“ – Ich traute meinen Ohren nicht, aber was mich am meisten beeindruckte – in dem Zimmer saßen vielleicht 35 Vertreter aus Politik und Wirtschaft, darunter ein ansehnlicher Teil der palästinensischen VIP‘s. Und alle nickten zustimmend.
Ich habe über 23 Jahre lang in der Region gelebt. Davon auch einige Jahre im Gazastreifen. Gerade dort habe ich viel Unzufriedenheit kennen gelernt. Sowohl wegen der israelischen Besatzung als auch wegen der eigenen Korruption. Aber auch Unzufriedenheit wegen der eigenen Lethargie des Jahrzehnte langen Lagerlebens. Und vor allem eine große Unzufriedenheit wegen der eigenen Unfähigkeit der Selbstbestimmung. Am allermeisten aber die Unzufriedenheit mit sich selber.
Und in Israel? Dort habe ich gesehen, wie eine Bevölkerung, die den Frieden wollte, enttäuscht wurde. Von den Palästinensern, von der eigenen Regierung und von der Welt. „Wieder sind wir der Sündenbock“, so denken die Menschen und ziehen sich hinter die eigenen Verteidigungslinien zurück. Aber dabei gehen sie voran, bauen Schulen und Universitäten, vergrößern das Straßennetz, die Infrastruktur.
Israel ist nicht wegen, sondern trotz der Probleme mit seinen arabischen Nachbarn zu einem führenden Industriestaat geworden. Ob in der Landwirtschaft, der Medizin, ob im Erziehungswesen oder im Hightech-Bereich. Israel spielt in der Champions-League. Der Israelische Schekel zählt seit über 15 Jahren zu den 10 stärksten Währungen weltweit.

Lethargie durch Freundschaft überwinden

Bei aller Zwietracht habe ich auch Ausnahmen kennen gelernt. Freundschaften zwischen Juden und Arabern, die geprägt waren von Respekt und Gemeinschaft. Selbst in Gaza und Bethlehem, in Jerusalem, Nazareth und Haifa. Und genau hier sehe ich einen möglichen Weg. Gemeinsam mit den Israelis hätten die Palästinenser eine Chance, um ihre Lethargie zu überwinden. Aber der Preis ist Kompromissbereitschaft. Israel braucht Garantien, um als jüdischer Staat, dem einzigen auf der Welt, in Frieden zu existieren.
Solange die Palästinenser weiterhin die gewaltsame Konfrontation suchen, wird Israel sich wehren und zurückschlagen.
Natürlich ist meine Betrachtung persönlicher Natur. Manche Informationen, die mir zur Verfügung standen, mögen gefärbt sein. Ich habe weder mit am Verhandlungstisch gesessen, noch kann ich die angegebenen Statistiken oder Zahlen evaluieren. Aber ich habe dort gelebt, die Sprache gelernt und gearbeitet. Gefeiert und getrauert. Bei Raketenangriffen im Bunker gesessen und gezittert. Gastfreundschaft genossen bei Juden und Arabern. Auf beiden Seiten Menschen kennen gelernt, die Frieden wollen.
Und darum glaube ich, dass ich meine Eindrücke wiedergeben darf und hoffe, nicht einfach in eine Schublade geschoben zu werden.
Wir alle kennen das Märchen von „des Kaisers neuen Kleidern“. So wie der kleine Junge aufsteht und ruft: „Der Kaiser ist ja nackt!“ So wünsche ich mir, dass wir aufstehen und die Wahrheit erkennen und sie aussprechen.

(1) http://www.focus.de/politik/ausland/israel-die-araber-denken-um_aid_141986.html
(2) http://www.livenet.de/themen/glaube/theologie_philosophie_religion/judentum_israel/114977-bildersturm_am_tempelberg.html

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