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Kongress thematisiert sexuellen Missbrauch im Haredi-Milieu

JERUSALEM (inn) – Tabuthema in der Öffentlichkeit: Erstmals hat sich eine Konferenz in Israel mit dem sexuellen Missbrauch in der ultraorthodoxen Gesellschaft befasst. Die Teilnehmer berieten unter anderem, wie sich Organisationen für den Opferschutz und Gemeinden besser vernetzen können.
Ultraorthodoxe Vertreter aus Israel und dem Ausland befassten sich in Jerusalem mit sexuellen Übergriffen auf Kinder.

Den dreitägigen internationalen Kongress, der am Mittwoch endete, hatte das Jerusalemer Haruv-Institut organisiert. Die Einrichtung kümmert sich um Kinder, die Opfer von sexuellen Angriffen wurden. Sie hat auch Lehrmaterial entwickelt, das etwa Betreuer im ultraorthodoxen Sektor helfen soll, mit der Problematik umzugehen.
Tali Schlomi koordiniert die Haruv-Kurse. Auf dem Kongress sei unter anderem untersucht worden, wie Organisationen und Gemeinden zusammenarbeiten könnten, sagte sie laut der Tageszeitung „Ma‘ariv“. Dies sei nötig, damit Täter „nicht von einer Gemeinde in eine andere überwechseln, nachdem sie aus ihrer Gemeinde entfernt wurden“. Denn in der ultraorthodoxen Gesellschaft sei es üblich, sich um ein betroffenes Kind zu kümmern, den Vorfall aber nicht den Behörden zu melden.
Außerhalb Israels sei das Problem noch gravierender, ergänzte Schlomi. Denn viele Gemeinden sähen es als Nestbeschmutzung an, wenn der Name eines Täters an nichtjüdische Behörden weitergegeben werde. „Also entfernt man jenen Menschen, und er kommt in eine andere Gemeinde, wo er weiter Kinder schädigen kann, ohne aufgehalten oder behandelt zu werden.“
Im Jahr 2012 wandten sich etwa 500 missbrauchte Kinder oder deren Angehörige an das Haruv-Institut. Von den Anfragen kamen 316 aus dem ultraorthodoxen Sektor. Der Leiter der Einrichtung, Ascher Ben-Arieh, stellte angesichts der Konferenz fest: „Der ultraorthodoxe Sektor hat ein bedeutendes Stück Weg zurückgelegt, als er entschied, in den vergangenen Jahren den Schweigecode um das Thema der sexuellen Angriffe zu lüften.“ Dies zeige sich im Anstieg der Fälle, in denen Betroffene das Institut um Rat fragen.
An dem Kongress an der Hebräischen Universität nahmen Vertreter von Organisationen jüdischer und ultraorthodoxer Gemeinden teil, die sich mit dem Schutz von Kindern befassen. Sie kamen unter anderem aus der Schweiz, Frankreich, den USA, England, Australien und Südafrika. Auch israelische Städte mit großen ultraorthodoxen Gemeinschaften waren vertreten.
Schlomi teilte gegenüber Israelnetz mit, für sie sei bereits die Tatsache bedeutsam, dass die Konferenz überhaupt stattfinden konnte. Denn zum ersten Mal hätten sich alle Repräsentanten getroffen und miteinander diskutiert. Das Haruv-Institut hoffe, in Zukunft einmal im Jahr eine solche Tagung abhalten zu können. Die Organisationen und Gemeinden wollten eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen, die noch nicht veröffentlicht sei, fügte sie hinzu.

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