Suche
Close this search box.

Tschechien und die Palästinenser

Das neue Jahr hat für die Palästinenser in Tschechien nicht gut angefangen. Am 1. Januar explodierte im neuen Gebäude der palästinensischen Vertretung in Prag unter unklaren Umständen eine Bombe. Der im Oktober akkreditierte Botschafter Mohammad Dschamal al-Dschamal kam dabei ums Leben. Die folgenden Erklärungen der palästinensischen Seite haben die anfängliche Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit schnell in Misstrauen verwandelt.
Die tödliche Explosion in der palästinensischen Botschaft in Prag gibt weiter Rätsel auf.

Der Sprecher des Außenministeriums aus Ramallah im Westjordanland hatte bekanntgegeben, der Unfall sei passiert, als der Botschafter einen Tresor öffnen wollte, der 25 Jahre lang nicht benutzt worden sei. Der mit der Situation gut vertraute palästinensische Angestellte in Prag hatte dagegen am gleichen Tag beteuert, der Tresor sei jeden Tag in Gebrauch. Die Tochter des Verstorbenen äußerte die Überzeugung, ihr Vater sei Opfer eines Attentats geworden.
Aber dies waren nur kosmetische Schönheitsmängel im Vergleich mit dem, was im Anschluss geschah. Weil das neue Gebäude noch nicht offiziell abgenommen wurde und daher noch nicht als fremdes Hoheitsgebiet galt, konnte die tschechische Polizei die entsprechende Untersuchung vor Ort vornehmen. Dabei stellte sich heraus, dass sich im Gebäude unangemeldete, also illegale Waffen befanden. Über die Anzahl und Art der Waffen kursierten in tschechischen Medien sofort wilde Spekulationen. Mittlerweile steht fest, dass es sich um mindestens acht Pistolen und vier automatische Gewehre handelte. Die tschechische Seite stellte einen Verstoß gegen das Wiener Abkommen über diplomatische Beziehungen fest und verlangte eine klare Antwort von der Palästinensischen Autonomiebehörde.

Geschenke für PLO

Die palästinensische Antwort bestätigte jedoch nur, was mittlerweile auch dem Durchschnittsbürger, der sich nicht jeden Tag um den Nahen Osten und die Geschichte kümmert, dämmerte. Die Waffen sollen noch aus der Zeit des alten kommunistischen Regimes stammen und wurden als Geschenk von den Kommunisten an die „Palästinensische Befreiungsorganisation“ PLO gegeben.
Das genügt, um das Ganze einordnen zu können. Eine interessante Ergänzung dazu brachte ein Artikel im Nachrichtenportal „Ceska Pozice“, in dem der Generalsekretär der Fatah-Partei Faruk Kadumi zitiert wurde, wie er an die „schönen alten Zeiten“ in den Beziehungen mit der Tschechoslowakei zurückblickt. Der ehemalige kommunistische Präsident Gustav Husak sei sein guter Freund gewesen und mit Vasil Bilak, dem mittlerweile verstorbenen Funktionär der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSČ), habe er zahlreiche angenehme Stunden verbracht. Es ist schwer, einen allgemein mehr gehassten Namen in Tschechien zu erwähnen. Bilak ist bekannt als einer der fünf Volksverräter, die kurz vor dem sowjetischen Einmarsch in die Tschechoslowakei im August 1968 den „Einladungsbrief“ geschrieben und um die „brüderliche Hilfe“ der Sowjetpanzer gebeten hatten.

Demonstration gegen palästinensische Präsenz

Mit solchen Erinnerungen ist es kein Wunder, dass in der Öffentlichkeit bald die Frage gestellt wurde, warum es eigentlich in Prag eine palästinensische „Botschaft“ gibt, wenn doch der Staat Palästina nicht anerkannt wird. Die Tschechische Republik war bekanntlich das einzige Land in Europa, das im November 2012 gegen die UNO-Resolution über die Aufwertung des Status‘ der PA bei den Vereinten Nationen gestimmt hat. Die einzige Antwort lautet, dass es sich um ein Überbleibsel aus der kommunistischen Zeit handelt. Die Tschechoslowakei hat Palästina schon im Jahre 1988 auf Grund der einseitigen Erklärung Jasser Arafats von Algerien anerkannt, und seitdem gibt es in Prag ein Phänomen, das offiziell schwer zu definieren ist. Das tschechische Außenministerium vermeidet sorgfältig jede Definition und soweit es möglich ist, spricht es über diese Entität nur in Adjektiven wie „palästinensisch“. Eine endgültige Stellungnahme sei vom Auswärtigen Amt nach Abschluss der Ermittlungen zu erwarten.
Tschechische Bürger haben sich inzwischen auf ihre eigene Art und Weise zu Wort gemeldet. Vor dem Gebäude im Prager Viertel Suchdol wurde eine Demonstration gegen die Präsenz der Palästinenser abgehalten, wo Transparente wie „Genug von Bomben“ oder „Wir wollen Ruhe für unsere Kinder“ zu sehen waren. Der Bürgermeister von Suchdol hat offiziell den Umzug der Vertretung an einen sichereren Ort gefordert. Im Internet entstand eine Petition, die schlicht die Abschaffung der Quasi-Botschaft verlangt. Innerhalb von wenigen Tagen haben sich dort über 3.000 Unterschriften gesammelt.
Die Erklärungsnot der Palästinenser schien kein Ende zu nehmen. Als von Ramallah der stellvertretende palästinensische Außenminister Tajsir Dscharadat mit der Entschuldigung nach Prag kam, wurde er in tschechischen Medien mit dem stolzen Vater der Selbstmordattentäterin Hanadi Dscharadat identifiziert. Hanadi hat sich im Oktober 2003 im Restaurant „Maxim“ in Haifa in die Luft gesprengt und 21 Menschen, Juden und Araber, mit sich in den Tod gerissen. Diese Beschreibung, offensichtlich als für den aktuellen Kontext passend eingestuft, wurde mehrmals von dem größten Privatsender TV NOVA wiederholt.

Beschwerde gegen Tschechiens Botschafter in Israel

Und dann kam schließlich die Gelegenheit, alles in das richtige Licht zu stellen. Der PLO-Sprecher Saeb Erekat hat bei der hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, schriftlich Beschwerde gegen den tschechischen Botschafter in Israel, Tomas Pojar, erhoben. Pojar untergrabe die Bemühungen der EU, Frieden und den Rückgang Israels zu den Grenzen vor 1967 zu fordern. Begründung: Er hat die jüdische Stadt Ariel im Westjordanland besucht und sogar mit Studenten der dortigen Universität gesprochen.
Pojar hat jede Kritik abgelehnt mit der Begründung, er habe bei der Begegnung die Position der EU zum Nahostkonflikt erklärt und sei in keiner Weise von der offiziellen EU-Linie abgewichen. Darüber hinaus wollte er sich mit der Situation vor Ort vertraut machen. Er habe sich insbesondere für die gemeinsame Forschung zugunsten der arabischen Bevölkerung interessiert und sei von der hohen Zahl palästinensischer Studenten an der Universität beeindruckt.
Der amtierende tschechische Außenminister Jan Kohout stellte sich hinter seinen Botschafter und wies die Beschwerde Erekats ab. Er beanstandete vielmehr, dass sich die Palästinenser an die EU gewandt haben, statt an das tschechische Ministerium, für die tschechische Diplomatie den einzigen zuständigen Ort.
Es scheint, dass die Palästinenser heutzutage wenig Hoffnung hegen, mit ihren Argumenten die Tschechen überzeugen zu können.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen