Suche
Close this search box.

Gesetzesvorlagen zur Regierungsreform

Mit einer Mehrheit von 66 gegen 45 Stimmen hat das israelische Parlament in erster Lesung eine Gesetzesvorlage zu einer Regierungsreform angenommen. Die Regierung will damit die innenpolitische Stabilität Israels stärken.
Die Knesset hat die endgültige Abstimmung über die Regierungsreform auf den Herbst verschoben.

Weniger dramatisch ist der Vorschlag, das in Deutschland übliche „konstruktive Misstrauensvotum“ einzuführen. Heute kann an „jedem Montag und Dienstag“ – wie man in Israel sagt – wegen Nichtigkeiten der Regierung das Misstrauen ausgesprochen werden, ohne eine Alternative vorzuschlagen. Das wird als enervierende Zwangsjacke für die parlamentarische Arbeit gesehen. Damit die Regierung nicht „zufällig“ stürzt, sind Abgeordnete, Minister und Premierminister gezwungen, ständig im Plenarsaal präsent zu sein. Beim konstruktiven Misstrauensvotum und der Notwendigkeit, einen alternativen Regierungschef vorzuzeigen, könnte nicht mehr jeder beliebige Oppositionspolitiker zum ultimativen parlamentarischen Mittel greifen, die Regierung zu stürzen.
Sehr viel dramatischer ist hingegen die Absicht, die Sperrklausel von 2 Prozent auf 4 Prozent zu erhöhen. Die Zersplitterung der Knesset in 16 und mehr Parteien bei insgesamt nur 120 Abgeordneten ist ein Produkt der niedrigen Sperrklausel. Die ehemals größte Partei im Parlament, Kadima, wäre bei den Wahlen im Januar verschwunden, wenn sie nicht mit ein paar hundert Stimmen nur knapp den Sprung über die 2-Prozent-Hürde geschafft hätte. Und obgleich kleinste und deshalb nicht sehr bedeutsame Partei, ist heute die HaTnuah-Vorsitzende Zippi Livni Justizministerin und die Beauftragte für die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern.
Miniparteien konnten in der Vergangenheit überproportionale finanzielle Zuwendungen oder politische Rücksichtnahmen bei Koalitionsverhandlungen herausschlagen, weil sie die „Königsmacher“ waren. Ein typisches Beispiel lieferten die drei frommen Parteien. Seit Jahrzehnten waren sie in den Regierungskoalitionen vertreten, obgleich sie weniger als 10 Prozent der Bevölkerung ausmachten.
Den Befürwortern der Reform schwebt ein Zwei-Parteien-System vor, wie in den USA, oder wenigstens ein Parlament wie der Deutsche Bundestag mit drei oder vier Parteien.
Doch ausgerechnet der angesehene ehemalige Parlamentsvorsitzende Reuven (Rubi) Rivlin (Likud) ist der lautstärkste Gegner einer Anhebung der Sperrklausel. Israels Gesellschaft sei so zersplittert, dass möglichst jede Gruppe im Parlament vertreten sein müsse, um ihre Stimme hörbar machen zu können. So ist etwa ein Fünftel der Bevölkerung mit ausgeprägter Identität, die Araber, mit drei sektorialen Parteien vertreten. „Es geht nicht an“, so Rivlin „dass die Araber aus der politischen Landschaft verschwinden, weil sie nur noch präsent sein könnten, wenn die rechtsnationalen Islamisten sich mit den christlichen Kommunisten zusammentun, um gemeinsam die 4-Prozent-Hürde zu überwinden.“ Ein ähnliches Schicksal würde die orthodoxen Juden treffen. Genau wie die Araber sind sie untereinander ideologisch tief gespalten.

Endgültige Abstimmung vertagt

Ob die israelische Demokratie tatsächlich vier verschiedene Linksparteien, ebenso viele Rechtsparteien und zusätzlich noch fromme, arabische und sonstige Parteien benötigt, wird jetzt in Israel kontrovers diskutiert. Die zweite und endgültige dritte Lesung der Gesetzesvorlage ist auf den Herbst verschoben worden, sodass vorläufig offen ist, in welcher Formulierung sie am Ende verabschiedet oder aber zu Fall gebracht wird.
Ein früherer Versuch, durch eine Regierungsreform mehr Stabilität zu schaffen, ist jämmerlich gescheitert und wurde schnell wieder abgeschafft. Während früher und heute wieder der potentielle Regierungschef unter den zahlreichen Parteien im Parlament eine tragende Mehrheit von mindestens einer Stimme zusammensuchen muss, wählten die Israelis zeitweilig mit zwei Zetteln die gewünschte Partei und den Premierminister. So ist 2001 Ariel Scharon mit riesiger Mehrheit zum Regierungschef gewählt worden, konnte aber kaum regieren und wichtige Entscheidungen durch das Parlament verabschieden lassen, weil er keine Mehrheit unter den Abgeordneten hatte. Infolge des von ihm beschlossenen Rückzugs aus Gaza 2005 verstieß Scharon seine eigene Likud-Partei und gründete ein neues Sammelbecken mit linken und rechten Abgeordneten aus allen Parteien, die Kadima-Partei. Das war das Zeichen, die Direktwahl des Premierministers schnell wieder abzuschaffen.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen