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Kommentar: Russische Raketenlieferungen an Syrien

MOSKAU / DAMASKUS (inn) – Waffenlieferungen des Westens an Rebellen und die Lieferung von S-300 Luftabwehrraketen von Russland an Syrien führen zunehmend zu einer Konfrontation zwischen Ost und West – wie zu Zeiten des Kalten Krieges.
Russland hat die Lieferung von S-300-Luftabwehrraketen an Syrien am Freitag bestätigt.

„Wir wissen, wie wir damit umzugehen haben“, sagte der israelische Verteidigungsminister Mosche Ja‘alon, ohne zu verraten, was er damit meint. Sein Amtsvorgänger Mosche Arens wurde deutlicher: „Es würde mich sehr überraschen, falls die Russen diese Raketen an Syrien liefern. Denn die Russen sollten wissen, dass unsere Luftwaffe mit ihnen umgehen kann. Das wäre schlechte Reklame für ihren Export, da sie dieses Produkt an viele Länder verkaufen.“ Es gibt aber auch sehr besorgte Stimmen in Israel, da die S-300-Raketen angeblich mit guter Treffsicherheit Flugzeuge in großer Entfernung treffen könnten.
Das offizielle Israel hält sich zurück, und Premierminister Benjamin Netanjahu hat seine Minister wieder mal angewiesen, zu den russischen Raketenlieferungen eisern zu schweigen.
Vorerst war unklar, ob Moskau trotz Druck aus Israel und den USA dieses Waffensystem tatsächlich an Syrien geliefert hat, wie es der syrische Außenminister Walid el-Muallem in der Nacht zum Donnerstag in einem Fernsehinterview behauptete. Auch Präsident Baschar al-Assad bestätigte die angeblich schon erfolgten Lieferungen in einem Interview mit dem Hisbollah-Sender „Al-Manar“. Es wurde am Donnerstagabend ausgestrahlt.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte zunächst erklärt, das Waffengeschäft mit Syrien jetzt nicht abwickeln zu wollen. Israelische Kommentatoren wie der ehemalige Geheimdienstchef General a.D. Dany Jatom behaupteten, „wirklich nicht zu wissen“, ob diese hochmodernen und deshalb für die israelische Luftwaffe besonders gefährlichen Waffensysteme tatsächlich geliefert worden sind. Angesichts der widersprüchlichen Aussagen will er nicht ausschließen, dass das Gerede eher ein diplomatischer Ringkampf im Vorfeld der geplanten Syrien-Konferenz sei. Doch am Freitag bestätigte Russland die Lieferung.

Abschreckung gegen Syrien oder die EU?

Die Russen hatten angedeutet, Abwehrraketen liefern zu wollen, damit ausländische Mächte sich nicht in den Bürgerkrieg einmischen könnten. Diese Abschreckung kann gegen Israel gerichtet sein, aber auch gegen jene EU-Länder, die mit dem Gedanken spielen, den Rebellen bei ihrem Kampf gegen Assad mit Waffenlieferungen helfen zu wollen. Das europäische Waffenembargo gegen Syrien läuft aus, was Briten und Franzosen die Möglichkeit bietet, die Rebellen in dem Land zu bewaffnen. Zudem widerstreben den Russen die von Amerikanern und Europäern angedachten Flugverbotszonen. Da die syrische Opposition über keine Kampfflugzeuge verfügt, wären Flugverbotszonen nur zum Nachteil Assads. Der könnte dann syrische Städte nicht mehr aus der Luft bombardieren lassen. Mit dem Einsatz russischer Flakraketen wäre der Westen freilich daran gehindert, solche Flugverbotszonen umzusetzen.
Schon wurden Proteste friedensbewegter Menschenrechtsorganisationen gegen Pläne der EU und der USA laut, die Rebellen aufzurüsten. Zu möglichen Waffenlieferungen der Russen hingegen war kein Einspruch zu hören.
Mit pazifistischen Motiven wurde argumentiert, dass jegliche Waffenlieferungen Blutvergießen verschlimmern. Diese Vorstellung übersieht, dass der syrische Staat ohnehin über eine hochgerüstete Armee mit Luftwaffe, Raketen und schweren Waffen verfügt. Gewissenlos setzt Präsident Assad seine Kriegsmaschine gegen die eigene Bevölkerung ein. Je nach Quelle sollen inzwischen über 90.000 Menschen getötet, Millionen in die Flucht geschlagen und ein Viertel des Wohnraums in Syrien zerstört worden sein. Ungeachtet der offenen Frage, gegen wen Assad kämpft, oder wer die Rebellen sind, würden Waffenlieferungen an die Opposition den Bürgerkrieg nicht unbedingt verschlimmern. Vielmehr dürfte noch mehr Blutvergießen angesagt sein, wenn Assads Truppen jetzt auch noch mit erheblicher Schützenhilfe der gut trainierten und ebenfalls hochgerüsteten Hisbollah-Miliz aus dem Libanon die Oberhand in den von Rebellen schon „eroberten“ Teilen Syriens gewinnen sollten. Die bisherige Erfahrung lehrt, dass Assads Soldaten Massaker in Städten und Vierteln anrichten, die zuvor von Rebellen gehalten worden sind, darunter in Homs, Aleppo und demnächst wohl in der umkämpften Stadt Al-Kussair.

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