In den palästinensischen Städten des Westjordanlandes ertönten um 12 Uhr 65 Sekunden lang Sirenen – eine Sekunde für jedes Jahr, das seit der Ausrufung des jüdischen Staates vergangen ist. Am Nachmittag kam es an mehreren Orten zu Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und Israelis. Dies berichtet die Tageszeitung „Yediot Aharonot“.
Nahe der Ortschaft Hursa bei Hebron griffen Palästinenser einen Militärjeep mit einem Molotowcocktail an. Das Fahrzeug geriet in Brand. Vier Soldaten erlitten leichte Verletzungen, zwei von ihnen wurden im Krankenhaus behandelt. An mehreren Orten bewarfen Jugendliche Israelis mit Steinen. Dabei wurden vier Polizisten verwundet. In Jerusalem griff ein Araber einen Juden an und verletzte ihn, der mutmaßliche Täter wurde festgenommen.
Die Hauptprozession zur Nakba wurde in Ramallah abgehalten. Vom Grab des früheren Palästinenserführers Jasser Arafat marschierten die Teilnehmer zum nach ihm benannten Platz. Präsident Mahmud Abbas meldete sich in einer Fernsehansprache zu Wort. Die Palästinenser würden keiner Vereinbarung zustimmen, die ihr Recht auf einen freien und unabhängigen Staat in den Gebieten gefährde, die seit 1967 unter israelischer Kontrolle sind. Sie würden weiter für einen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt und eine gerechte Lösung für die Flüchtlinge kämpfen.
Der Vertreter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Wasil Abu Jussif, äußerte laut der palästinensischen Nachrichtenagentur „Ma‘an“ an Arafats Grab: „Das Recht auf Rückkehr wird im Laufe der Zeit nicht ungültig oder unwirksam, weil dieses Recht das Herzstück der palästinensischen Zwangslage ist.“
Im Gazastreifen war am Morgen ebenfalls eine Sirene zu hören. Anschließend gab es mehrere Kundgebungen. Der Fatah-Führer Fajsal Abu Schahla sagte: „Die Palästinenser haben während der 65 Jahre der Nakba Hunderte Opfer gebracht, um einen palästinensischen Staat zu gründen und am Rückkehrrecht festzuhalten.“
Am „Tag der großen Katastrophe“, der auf den 15. Mai fällt, gedenken Palästinenser der rund 700.000 Araber, die nach der Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 flohen oder vertrieben wurden. Sie fordern ein Rückkehrrecht für alle Nachkommen derjenigen, die infolge des Unabhängigkeitskrieges aus Zwang oder freiwillig ihre Häuser verlassen haben.