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Geheime Schülerbeurteilungen aus Versehen veröffentlicht

KFAR SABA (inn) – Verfehlte Wertevermittlung: Eine israelische Lehrerin hat versehentlich eine interne Liste an Schüler versendet, die despektierliche Einschätzungen zu den Elftklässlern enthält. Am Montag demonstrierten die Jugendlichen vor ihrer Schule gegen diese unsachliche Charakterisierung.
In Kfar Saba haben Schüler gegen verletzende Bemerkungen ihrer Lehrer protestiert. (Im Bild: ein Einkaufszentrum)

In Israel gehört eine Studienfahrt an die Stätten der nationalsozialistischen Judenvernichtung in Polen zum festen Bestandteil des elften Schuljahrs. Und so begann auch das Jitzhak-Rabin-Gymnasium in Kfar Saba bei Tel Aviv mit den Vorbereitungen. Die Lehrerin, welche die Fahrt koordiniert, bat ihre Kollegen um Beurteilungen zu etwa 100 Schülern. Manche erhielten positive Bewertungen wie „bezaubernd“. Doch die Pädagogen schrieben auch Bemerkungen wie „Lügnerin“, „großes Baby“, „taktlos“ oder „unsozial“. Die Koordinatorin erstellte eine Excel-Tabelle – und schickte diese am Sonntag versehentlich per Mail an die betroffenen Schüler. Ihnen wollte sie eigentlich eine andere Information zukommen lassen.
„Wir waren schockiert“, sagte eine Elftklässlerin der Tageszeitung „Yediot Aharonot“. „Wir hatten nicht geglaubt, dass unsere Lehrer, unsere Pädagogen, die Erzieher sein und uns Werte vermitteln sollen, so etwas über uns schreiben.“ Neben dem Namen dieses Mädchens war in der Tabelle kein Stichwort notiert.
Schulleiterin Ruthi Lasar hat den betroffenen Schülern mittlerweile einen Entschuldigungsbrief geschickt: „Wir bitten aus tiefstem Herzen und aufrichtig alle Schüler, ihre Eltern und Schulkameraden um Entschuldigung für das Leid, das verursacht wurde“, heißt es darin. „Wir übernehmen die volle Verantwortung für den schweren Fehler und bitten um Entschuldigung für den Stil der Worte.“ Das Gymnasium werde Lehren zum Verhalten und zu Ausdrucksweisen aus dem Vorfall ziehen. Die Pädagogen würden jeden Schüler, der verletzt worden sei, zu einem persönlichen Gespräch einladen.

Kritikpunkte an Kleidung geheftet

Bei der Protestaktion am Montag trugen die Jugendlichen schwarze Oberteile. Daran hatten sie jeweils ihre eigene Charakteristik aus der Liste geheftet. Eine Schülerin, die als „kränklich“ eingestuft wurde, forderte gegenüber „Yediot Aharonot“, Verantwortung nicht nur auf die Lehrerin zu schieben, die versehentlich das Dokument versendet hatte. Alle Lehrer, die diese Beurteilungen geschrieben haben, müssten versuchen, „unser Vertrauen zu ihnen zurückzugewinnen“.
In die Liste sind offenbar auch Inhalte eingeflossen, die Schüler ihren Lehrern im Vertrauen mitgeteilt hatten. Eine Jugendliche hatte nach eigenen Angaben in einem persönlichen Gespräch erzählt, dass sie sich eher mit Jungen anfreunde als mit Mädchen. Dies führte zu dem Eintrag „hat was mit Jungen“. „Sie haben etwas Negatives daraus gemacht“, stellte sie fest. „Ich habe die Liste gelesen und war schockiert.“ Das Mädchen fügte hinzu: „Wenn die Schüler eine Gruppe gegen die Lehrer bei Facebook eröffneten, würde man gegen uns bei der Polizei Beschwerde einlegen.“
Die Jugendliche fragte: „Wenn ich den Lehrern in der Schule nicht vertrauen und ihnen persönliche Dinge erzählen kann, wem kann ich dann vertrauen?“ Auf die Reise nach Polen wolle sie aber nicht verzichten. „Das ist ein Teil unserer Tradition und ich denke, dass das sehr wichtig ist.“

„Sie haben uns katalogisiert“

Ein Junge, der nach Ansicht der Lehrer „nicht von Motivation für die Polenfahrt durchdrungen“ sei, wehrte sich gegen den Vorwurf: „Das stimmt wirklich nicht, ich möchte sehr gerne an der Gesandtschaft nach Polen teilnehmen. Sie haben mich und meine Kameraden einfach in der einen oder anderen Form katalogisiert.“
Er sei nicht enttäuscht davon, dass die Referenzen überhaupt existieren, sondern von der Art, wie sie geschrieben wurden. „Das erwartet man nicht von Lehrern“, sagte der Schüler. Doch offenbar hätten die Pädagogen ihre Lektion gelernt. „Wir Schüler haben gezeigt, dass unsere Ehre nicht weniger wichtig ist und dass diese Generation nicht nur aus Drogen und Alkohol besteht, sondern dass es hier eine Generation gibt, die um ihre Ehre kämpft.“
Die Schüler sind sich einig, dass die Liste unpädagogisch sei und irrelevante Informationen enthalte.
Am Montagnachmittag schaltete sich das Bildungsministerium ein: „Das Ministerium sieht den Vorfall als sehr schwerwiegend an“, teilte es mit. „Es handelt sich um formulierte Aussagen, die keinerlei Platz im Bildungswesen haben.“ Eine grundlegende Klärung sei eingeleitet. Zudem habe das Ministerium professionelles Personal in die Schule geschickt, das den Umgang der Lehrer mit den Schülern begleiten solle. „Das Ministerium setzt seine Untersuchung fort und wird entsprechend handeln.“

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