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UNICEF: Behandlung palästinensischer Kinder in israelischer Haft zu schlecht

JERUSALEM (inn) – Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) hat Israel eine schlechte Behandlung palästinensischer Kinder und Jugendlicher in Gefängnissen vorgeworfen. In einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht fordert die Organisation Israel dazu auf, sich stärker an die UN-Kinderrechtskonvention und andere internationale Standards zu halten.
UNICEF wirft Israel einen zu harten Umgang mit minderjährigen Palästinensern vor. (Im Bild: Festnahme eines Jugendlichen bei einer Demonstration in Beit Ommar)

Jedes Jahr würden etwa 700 Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren von der israelischen Armee, der Polizei und Sicherheitsdiensten festgenommen, verhört und inhaftiert. Das geht aus dem Bericht „Kinder in israelischem Militärgewahrsam: Beobachtungen und Empfehlungen“ hervor, den UNICEF am Mittwoch in Jerusalem vorlegte. Dabei würden viele der Kinder mitten in der Nacht von stark bewaffneten Soldaten aus ihren Häusern geholt. Für einige folgten dann verbale Drohungen, Beschuldigungen und handgreifliche Auseinandersetzungen mit den Soldaten. Nur wenige Familienangehörige erführen, wohin ihre Kinder gebracht werden und was der Grund für die Festnahme ist, so UNICEF. Oft könnten sie sich nicht einmal von ihnen verabschieden. Anschließend folgten Handfesseln und die Kinder würden häufig nicht direkt zum Vernehmungsort gebracht, sondern müssten bis Tagesanbruch in Siedlungen im Westjordanland auf den weiteren Transport warten. Eine schlechte Behandlung sei nicht selten.
Fehlende Übersetzungen
Die anschließenden Vernehmungen führten die Verantwortlichen meistens in den Siedlungen Gusch Etzion und Ariel durch. Nur selten erreichten sie die Vernehmungszentren in Jerusalem oder Haifa. Keinem der Jugendlichen werde während der Verhandlung ein Anwalt oder ein Familienmitglied zur Seite gestellt. Oft würden sie nicht ausreichend über ihre Rechte informiert. Es fehle außerdem an einer unabhängigen Aufsichtsperson. Die Verhörmethoden reichten von Einschüchterung, über Bedrohung bis hin zu physischer Gewalt, heißt es in dem Bericht. Am Ende der Vernehmung legten die meisten Angeklagten ein Geständnis ab und unterschrieben Formulare auf Hebräisch, deren Inhalt sie wegen mangelnder Sprachkenntnisse oft nicht verstünden.
Widerspruch zu internationalen Standards
Dem Verhör schließe sich eine offizielle Verhandlung vor dem Militärgericht an. Die Kinder würden in Ketten und Fußfesseln vorgeführt. Das widerspreche den Richtlinien zur Behandlung von Gefangenen. Vor dem Militärgericht begegneten die meisten Kinder ihren Anwälten zum ersten Mal, die Gesetzeslage und andere wichtige Informationen übersetze oft niemand ins Arabische. Die anschließende Haftzeit darf 30 Tage nicht überschreiten, nach Ablauf der Frist kann das Gericht die Haft jedoch auf bis zu 188 Tage verlängern. Sie muss alle 30 Tage neu geprüft werde. Auch dies widerspreche den internationalen Standards, so UNICEF. Danach müsse ein Kind oder Jugendlicher in den ersten 24 Stunden nach seiner Festnahme einem Richter vorgeführt und der Fall alle zwei Wochen neu geprüft werden. Die meisten Jugendlichen plädierten bei dem Prozess auf „schuldig“, da dies der schnellste Weg sei, wieder entlassen zu werden. Selbst verteidigen dürften sich die Angeklagten nicht. Ihre Haftstrafe verbrächten die meisten in Gefängnissen in Israel. Laut Richtlinien müsse eine Inhaftierung jedoch in Gefängnissen des besetzten Gebietes vollzogen werden. Außerdem mache eine Deportation nach Israel Familienbesuche oft unmöglich.
Haftstrafe als letztes Mittel
UNICEF fordert deshalb eine Verbesserung der Bedingungen und ein Einhalten der UN-Kinderrechtskonvention und internationaler Gesetzgebung. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung der Organisation hervor. Außerdem sollten die Verdächtigen nicht mit schmerzenden Plastikbändern an den Händen gefesselt und ihnen auch nicht die Augen verbunden werden. Eine Festnahme mitten in der Nacht solle auch vermieden werden und ein Anwalt oder Familienmitglied müsse die gesamte Zeit während der Vernehmung anwesend sein. Eine Inhaftierung dürfe außerdem nur letztes Mittel sein. UNICEF sprach sich dafür aus, die Jugendlichen vermehrt auf Kaution freizusetzen.
Trotz allem bemerkte die Organisation auch Verbesserungen im System, zum Beispiel die Anhebung des Beginns des Erwachsenenalters von 16 auf 18 Jahre.
Außenministerium kündigt Kooperation an
Das israelische Außenministerium hatte UNICEF für die Erstellung des Berichtes Material zur Verfügung gestellt. Es gab in einer Stellungnahme bekannt, dass es zusammen mit dem Kinderhilfswerk an einer Umsetzung der genannten Vorschläge arbeiten wolle. Vertreter des Ministeriums und der israelischen Armee hätten sich mit UNICEF bereits zu Gesprächen getroffen. Durch die Mitgliedschaft im Aufsichtsgremium der Organisation sei die Zusammenarbeit zwischen Israel und UNICEF außerdem international gewürdigt worden. Seit Beginn dieses Jahres ist Israel nach 40 Jahren wieder eines der 36 Mitglieder, die über die Politik der UN-Organisation beraten (Israelnetz berichtete).
Der UNICEF-Bericht in englischer Sprache über die „Kinder in israelischer Militärhaft“ findet sich hier:
http://www.unicef.org/oPt/UNICEF_oPt_Children_in_Israeli_Military_Detention_Observations_and_Recommendations_-_6_March_2013.pdf

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