Der Hirnforscher Amir Amedi entwickelte zusammen mit seinem Team das Gerät, das Bilder durch andere Sinnesorgane wahrnehmbar macht. Der Israeli arbeitet am „Edmond und Lilly Safra Zentrum“ für Hirnforschung und am Institut für medizinische Forschungsarbeit in Israel und Kanada. Die Erfindung aktiviert die visuelle Kortex – eine Hirnregion, die wichtig für das Sehvermögen und bei Blindgeborenen von Geburt an inaktiv ist. Anschließend „übersetzt“ die Anlage grafische Informationen in Töne.
Über Jahrzehnte hinweg sei bekannt gewesen, dass die visuelle Kortex sich nicht normal entwickele und keine Fähigkeiten ausbilde, wenn sie keine visuellen Informationen erhalte, sagte Amedi laut der israelischen Tageszeitung „Jerusalem Post“. Eine visuelle Rekonstruktion sei deshalb unvorstellbar gewesen. Untersuchungen mit Testpersonen zeigten dem Forscherteam jedoch, dass diese Hirnregion trotz langer Inaktivität in der Lage ist, ähnlich wie bei Sehenden zu arbeiten. „Das Gehirn von Erwachsenen ist flexibler, als wir dachten“, sagte Amedi. Die Ergebnisse zeigten, dass die visuellen Gehirnregionen von Blinden auch nach langen Phasen der Inaktivität wieder „aufwachen“ könnten. Durch Rehabilitation und neue medizinische Entwicklungen, zum Beispiel Implantate in der Netzhaut, könnte der Visualisierungsprozess im Gehirn wieder angeregt werden.
Das Team um Amedi nennt das entwickelte Gerät „Augenmusik“. Durch die Übertragung von Bildern in Musik waren die Testpersonen in der Lage, die gehörten Töne in Kategorien wie Gesichter, Häuser, Körperteile, Objekte oder Strukturen einzuordnen. Die Blinden konnten außerdem Personen lokalisieren, ihre Gesichtsausdrücke identifizieren sowie Buchstaben und Worte lesen. Schon nach weniger als einer halben Stunde Trainingszeit konnten 18 Testpersonen außerdem den Unterschied zwischen einem roten und einem grünen Apfel benennen.
Nach den Maßstäben der Weltgesundheitsorganisation reichten diese Ergebnisse aus, um die Blinden als „sehend“ zu bezeichnen, berichtet die „Jerusalem Post“. Die Erkenntnisse der Forscher ebneten außerdem den Weg für eine Weiterentwicklung des Gerätes, bei der den Blinden zusätzlich ein Empfänger für die „Musik“ in die Augen implantiert werden soll.