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Gedenken und Kritik an den Orten des Geschehens

MÜNCHEN / FÜRSTENFELDBRUCK (inn) – Am gestrigen Mittwoch haben Überlebende und Politiker des Münchener Olympiaattentats von 1972 gedacht. In München und Fürstenfeldbruck, den Orten des Geschehens, kritisierten Überlebende und Angehörige der Opfer das dilettantische Vorgehen der damaligen Behörden und die mangelnde Aufarbeitung des Anschlags.
Gemeinsam erinnern: Innenminister Hans-Peter Friedrich, Israels Vize-Premierminister Silvan Schalom, die Journalistin Ankie Spitzer sowie Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer kamen gestern zu Ehren der Opfer zusammen.

„Meine Wut ist nicht vergangen, mein Zorn ist nicht verraucht, meine Tränen sind nicht getrocknet. Ich habe mich nicht mit der Kälte, dem Versagen, dem Schock und dem Schmerz abgefunden. Und ich werde es nie tun“, zitiert die „Rheinische Post“ Dieter Graumann, den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, bei der Gedenkveranstaltung auf dem Flughafen in Fürstenfeldbruck. Dort hatte die Geiselnahme vor 40 Jahren ihr blutiges Ende gefunden.
Graumann übte zudem scharfe Kritik am Internationalen Olympischen Komitee (IOC), das damals die Spiele nach einem Tag Unterbrechung fortgeführt hatte. „Kein Mensch, der ein Herz im Leib hat, wird die vereiste Seelenlosigkeit des IOC in dieser Frage jemals billigen können“, sagte er laut der „Süddeutschen Zeitung“. Dies habe gezeigt, dass „das bloße Spiel nun einmal wichtiger war als das Leben von Juden“.
Der heutige Vizepräsident des IOC, Thomas Bach, sieht in der Fortführung der Spiele jedoch ein positives Anliegen. In seiner Rede sagte er, das IOC habe „seinerzeit nicht resigniert und mit der Fortführung der Olympischen Spiele nach einem bewegenden Tag der Trauer ein entschlossenes Zeichen im Kampf gegen den Terrorismus gesetzt“.
Seit 1999 finden auf dem westlich von München gelegenen Flughafen jährlich Gedenkakte zu Ehren der Opfer statt. In diesem Jahr waren Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (beide CSU) zugegen. Auch Israels stellvertretender Premierminister Silvan Schalom (Likud) nahm an der Gedenkveranstaltung und an dem Gottesdienst teil.
Aufklärung gefordert
Münchens Oberbürgermeister Christian Ude gestand in seiner Rede zu, dass es seitens der Einsatzleitung schwere Fehler und Versäumnisse gegeben hat – nicht zuletzt, weil man ein freundlicheres Deutschland habe präsentieren wollen, als es bei den Spielen in Berlin 1936 der Fall gewesen sei. Dennoch ändere dies nichts an der Alleinschuld der Täter.
Der israelische Journalistin Ankie Spitzer ging es in ihrer Rede genau darum: die Fehler der Behörden aufzuarbeiten. „Von hier aus fordern wir die deutschen Behörden auf, alle Dokumente einsehbar zu machen, um erneut eine Diskussion über die Fehlschläge beginnen zu können“, sagte sie laut dem Sportinformationsdienst in ihrer Rede. „Wir haben ein Recht zu wissen, wer unsere Lieben getötet hat, wer dafür verantwortlich war.“
Spitzer war mit einem der Opfer, dem Fechttrainer Andre Spitzer, verheiratet. Seit vier Jahrzehnten recherchiert sie zu den Vorfällen und hat die damals Beteiligten immer wieder kritisiert. In ihrer Rede beklagte sie auch, dass es bei der Eröffnungsveranstaltung der diesjährigen Spiele in London keine Gedenkminute für die Opfer gegeben hatte. „Sie waren keine Touristen, sie waren Mitglieder der olympischen Familie, sie wurden ermordet.“
Wenige Stunden zuvor hatten sich die Anwesenden vor dem damaligen Appartement der israelischen Delegation versammelt und Kränze niedergelegt. Das Attentat nahm an diesem Ort seinen Anfang. Die Terroristen waren in den Morgenstunden des 5. September 1972 in die Wohnung der Israelis eingedrungen und hatten die Sportler als Geisel genommen. Am Ende kamen elf Israelis, ein deutscher Polizist und fünf der Entführer ums Leben.

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