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Schwere Schuldzuweisungen nach Terroranschlag

KAIRO / JERUSALEM (inn) – Ein Terroranschlag mit ägyptischen Panzerfahrzeugen hat infolge schwerer Schuldzuweisungen eine strategische Bedeutung erhalten. Er ereignete sich bei Kerem Schalom, dem Grenzdreieck zwischen Israel, Ägypten und dem Gazastreifen.
Der Grenzübergang Kerem Schalom im Dreiländereck: In der Nähe hat sich der Überfall ereignet.

In der Nacht zum Montag überfielen Unbekannte, die als ägyptische Grenzschutzpolizisten verkleidet waren, einen ägyptischen Grenzposten. Gemäß verschiedenen ägyptischen Angaben wurden zwischen 9 und 16 Grenzpolizisten getötet und mehrere verletzt. Laut Israels Verteidigungsminister Ehud Barak in der Knesset wurden 12 oder 13 ägyptische Grenzschützer getötet. Die Attentäter bestiegen daraufhin einen „großen Kleinlaster“ und ein Panzerfahrzeug, mit dem sie in Richtung israelische Grenze fuhren. Der Kleinlaster explodierte aus unbekannten Gründen, während das Panzerfahrzeug über die Grenze hinweg auf eine „kleine israelische Militäreinheit“ zufuhr, zu der auch ein Panzer gehörte. Ein israelischer Kampfhubschrauber setzte das in Ägypten gekaperte gepanzerte Fahrzeug außer Gefecht. Zwei Männer flohen aus dem getroffenen Panzerwagen und wurden von israelischen Soldaten erschossen.
Zeitgleich wurden israelische Kibbutzim nahe der Grenze mit Raketen aus dem Gazastreifen beschossen, während die israelische Bevölkerung aufgefordert wurde, die Schutzräume aufzusuchen.
Noch ist unbekannt, ob die Angreifer Extremisten aus Gaza oder Beduinen aus dem Sinai waren. Im Sinai haben die ägyptischen Sicherheitskräfte weitgehend die Kontrolle verloren.
Für Ägypten sollte der schwere Vorfall mit vielen Toten ein „Weckruf“ sein, erklärte Barak vor dem Sicherheitsausschuss in der Knesset. Die israelische Behörde zur Terrorbekämpfung hatte in den vergangenen Tagen eindringlich vor geplanten Anschlägen und Entführungsversuchen gewarnt. Alle Israelis wurden aufgefordert, umgehend die Ferienorte an der Sinaiküste zu verlassen und heimzukehren. Auf diese prominent veröffentlichten israelischen Reisewarnungen reagierte Kairo verärgert. Das seien von Israel gestreute „Gerüchte“, um der ägyptischen Tourismusindustrie zu schaden.
Doch inzwischen drehte die ägyptische Presse den Spieß herum. In der Nacht zum Montag, nach dem Anschlag, wurde der Regierung in Kairo vorgeworfen, die israelischen Warnungen in den Wind geschlagen und den Anschlag auf die Grenzschützer nicht verhindert zu haben. Am Montag hat Präsident Muhammad Mursi eine erste Arbeitssitzung mit den Sicherheitskräften einberufen. Er verkündete: „Die Verantwortlichen für dieses Verbrechen werden gejagt und verhaftet werden.“ Die harte ägyptische Strafe werde die Verantwortlichen „in Ägypten oder jenseits der Grenze“ treffen, womit er nur den Gazastreifen gemeint haben kann.
Offenbar konzertierte Aktion
Obgleich unklar ist, ob die Terroristen palästinensische Extremisten aus dem Gazastreifen sind, brach bei der islamistischen Hamas-Organisation Panik aus. „Wir haben kein Interesse, die Ägypter zu bekämpfen“, sagte ein Sprecher der Hamas in Gaza. Auf Weisung der Hamas wurden alle Schmugglertunnel unter der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten gesperrt, um mögliche Attentäter daran zu hindern, in den Gazastreifen zu fliehen. Gleichwohl ist der zeitgleiche Raketenbeschuss Israels während des Anschlags ein Hinweis auf eine konzertierte Operation, an der auch eine Extremistengruppe aus dem Gazastreifen beteiligt gewesen sein könnte. Es hat im Laufe des vergangenen Jahres mehrere Anschläge palästinensischer Extremisten entlang der zunächst kaum befestigten Grenze zwischen Ägypten und Israel gegeben, die von Palästinensern in Gaza geplant und ausgeführt worden sind. Dabei wurden mehrere Israelis getötet.
Die ägyptischen Drohungen, auch gegen mögliche Täter in Gaza vorgehen zu wollen, können für die Hamas eine fatale Auswirkung haben. Die Hamas steht ideologisch den ägyptischen Moslembrüdern nahe und ist aus ihnen hervorgegangen. Für die neue ägyptische Regierung ist der Anschlag ein peinlicher Beweis für die Unfähigkeit der eigenen Streitkräfte, den Sinai zu kontrollieren. Um Ägypten zu helfen, hatte Israel im Widerspruch zum Friedensvertrag sogar genehmigt, neben Polizei auch Militär in den Sinai zu verlegen. Der Gesichtsverlust für Kairo wäre umso schlimmer, falls palästinensische Extremisten den Anschlag ausgeführt haben, möglicherweise mit dem Ziel, Israel und Ägypten in einen Krieg zu stürzen. Daran sind beide Länder nicht interessiert.
Die Hamas steht unter politischem Druck, nachdem sie Syrien als Verbündeten verloren hat und ihr Hauptquartier in Damaskus räumen musste. Der Geldfluss aus Iran scheint geringer geworden zu sein. Und alle Versuche einer „Versöhnung“ mit der PLO und der Regierung in Ramallah sind vorerst gescheitert. Hinzu kommen israelische Bombardierungen nach jedem Raketenbeschuss. Am Sonntag haben israelische Flugzeuge zwei Mitglieder des Globalen Dschihad gezielt getötet. Ahmed Sai‘d Isma‘il und E‘id Nadi Ucaal hätten nach Angaben des israelischen Militärsprechers am 18. Juni einen israelischen Bauunternehmer am Grenzzaun zwischen Israel und Sinai erschossen.
Die Hamas hat offenbar entweder die Kontrolle verloren, oder aber sie führt einen Krieg an allen Fronten, sogar gegen ihre engsten Verbündeten, die Ägypter.
Der israelische Generalstabschef Benny Gantz äußerte Bedauern über den Tod der ägyptischen Grenzschützer und erklärte, dass dank der Aufmerksamkeit der israelischen Truppen ein “sehr großer Terroranschlag” verhindert worden sei. Der Militärsprecher betonte eine “enge Kooperation” zwischen Israel und den ägyptischen Streitkräften.

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