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Gaza-Flottille: Rechnungsprüfer kritisiert Regierung

JERUSALEM (inn) – Im Vorfeld der israelischen Razzia auf der „Mavi Marmara“ hat es „unsystematische“ Entscheidungsprozesse gegeben. Diesen Vorwurf äußert der scheidende staatliche Rechnungsprüfer Micha Lindenstrauss in seinem Bericht, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Bei dem Einsatz der Marine vor zwei Jahren waren neun Aktivisten der „Gaza-Flottille“ ums Leben gekommen.

Der Bericht kritisiert vor allem die mangelnde Abstimmung innerhalb der Regierung in den Wochen und Tagen vor dem Aufbringen der Flotte. Aber auch die fehlende Koordinierung der verschiedenen Behörden wird angeprangert. So sei etwa das Zentrum für Nationale Sicherheit gar nicht in die Überlegungen einbezogen worden. Die Minister außerhalb des sogenannten „Sicherheitskabinetts“ seien ebenfalls nicht informiert gewesen. Dagegen hätten die Treffen im Vorfeld der Flottille in der Regel unter vier Augen stattgefunden, Protokolle oder sonstige Aufzeichnungen über die Beschlüsse gebe es nicht.
Dass die Flottille eine besondere Herausforderung darstellen würde und die Passagiere sicherlich nicht „Beifall klatschen“ würden, wenn ein Schiff geentert würde, sei lange Zeit bekannt gewesen. Angesichts dessen seien die mangelnde Ausarbeitung von Aktionsplänen und die fehlende Koordination mit dem Militär besonders bemerkenswert, heißt es in dem Bericht.
Der Tageszeitung „Jerusalem Post“ zufolge kritisierte Lindenstrauss auch, dass das Videomaterial zu der Razzia nicht sofort nach dem Vorfall am 31. Mai 2010 veröffentlicht worden sei.

Der Sprecher von Premierminister Netanjahu erklärte zu dem Bericht: „Die Bürger Israels erfreuen sich heute einer größeren Sicherheit als seit vielen Jahren. Diese Sicherheit ist eine direkte Folge einer verantwortungsvollen Politik.“ Der Regierungschef zolle dem Rechnungsprüfer für seine Arbeit Anerkennung.
Aus dem Verteidigungsministerium verlautete: „Verteidigungsminister Ehud Barak akzeptiert die Kritik und wird, wie bisher auch, weiter dafür Sorge tragen, dass im Verteidigungssystem und bei den Israelischen Verteidigungsstreitkräften verbessert wird, was verbessert werden muss.“

Die israelische Abgeordnete Hanin Suabi (Balad), die an der Flottille teilgenommen hatte, übte Kritik an dem Bericht des Rechnungsprüfers: „Statt die Natur der Piratenoperation zu untersuchen, oder den Mord an Aktivisten und den Angriff auf ein ziviles Schiff, arbeitet der staatliche Rechnungsprüfer mit dem israelischen Sicherheitsapparat beim Zurückhalten der Tatsachen zusammen.“
Suabi fügte hinzu, sie habe in den vergangenen zwei Jahren an der Veröffentlichung einer Dokumentation gearbeitet. Diese 15 Stunden Videoaufzeichnungen würden „ein für alle Mal die Hetze gegen die Flottillen-Aktivisten und mich beenden“. Es sei schade, dass der Rechnungsprüfer, „der normalerweise mutig handelt und nicht zögert, sich dem System entgegenzustellen, sich nicht mit diesen Materialien befasst hat und deshalb seine Aufgabe nicht erfüllt hat“.
Ende Mai 2010 hatten sechs Schiffe von der Türkei aus den Versuch unternommen, die israelische Seeblockade gegen den Gazastreifen zu durchbrechen. Auf dem Hauptschiff der Flottille, der „Mavi Marmara“, befanden sich etwa 600 Passagiere. Als die Marinesoldaten bei dem Versuch, das Schiff zu entern, von einigen der Passagiere angegriffen wurden, wurden neun türkische Passagiere getötet.

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