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Hungerstreik endet nach 28 Tagen

ASCHKELON (inn) - Die palästinensischen Häftlinge in Israel beenden ihren Hungerstreik. Am Montag unterzeichneten sie in der Küstenstadt Aschkelon ein Abkommen mit der israelischen Gefängnisbehörde. Diese sicherte den Gefangenen Erleichterungen in unterschiedlichen Bereichen zu.

Seit 28 Tagen befinden sich etwa 1.600 der rund 4.600 in Israel inhaftierten Palästinenser im Hungerstreik. Drei Häftlinge haben mehr als 70 Tage keine feste Nahrung zu sich genommen. Die Inhaftierten forderten unter anderem ein Ende der Einzelhaft, Möglichkeiten der Weiterbildung, Familienbesuche und eine Verbesserung der medizinischen Bedingungen.

Das Abkommen wurde von der Gefängnisbehörde und von Häftlingen in einer Haftanstalt in Aschkelon unterzeichnet. In den vergangenen Tagen hatten die beiden Seiten die Vereinbarung ausgehandelt. Ägypten und die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) dienten als Vermittler. Die Abmachungen müssen binnen 72 Stunden umgesetzt werden, berichtet die palästinensische Nachrichtenagentur "Ma´an".

"Gemäß der Vereinbarung werden sich die Gefangenen in Verwaltungshaft von jeglicher Aktivität zurückhalten, die eine praktische Unterstützung für Terror darstellt", teilte die israelische Sicherheitsbehörde mit. "Dazu gehört auch die Rekrutierung von Leuten für terroristische Aktivitäten, Anleitung, Finanzierung, Koordinierung unter Rekruten, Hilfe für Rekruten und so weiter."

"Abkommen gilt auch für zukünftige Häftlinge"

Die Behörde wies darauf hin, dass die Anführer der Palästinenser in Verwaltungshaft das Abkommen stellvertretend für alle Häftlinge unterzeichnet hätten. Es gelte für die Gefangenen in allen israelischen Haftanstalten und von allen Organisationen. "Ebenso wird es für zukünftige Häftlinge bindend sein."

Weiter heißt es in der Mitteilung: "Als Gegenleistung für diese Verpflichtung hat Israel zugestimmt, eine Reihe von Erleichterungen für die Bedingungen umzusetzen, unter denen die Gefangenen festgehalten werden. Diese schließen die Rückkehr der Häftlinge aus der Einzelhaft in die allgemeinen Trakte ebenso ein wie die Erlaubnis von Familienbesuchen durch Angehörige ersten Grades für Gefangene in der Verwaltungshaft aus dem Gazastreifen sowie aus Judäa und Samaria. Es wurde auch vereinbart, dass ein Komitee der israelischen Gefängnisbehörde zusätzliche Forderungen der Häftlinge zu den Bedingungen diskutieren wird, unter denen sie festgehalten werden."

Nach Angaben der Behörde haben die Anführer der Häftlinge in folgende Abmachung eingewilligt: "Aktivitäten gegen die Sicherheit, die innerhalb der Gefängnisse begangen werden, oder eine Wiederaufnahme von Streiks innerhalb israelischer Gefängnisse werden zur Aufhebung von Israels Verpflichtung zu den genannten Erleichterungen führen."

Die Behörde verweist auf eine ältere Abmachung mit palästinensischen Häftlingen: "Die Vereinbarung mit den Gefangenen wurde im Geiste eines früheren Abkommens formuliert, das im Mai 2000 mit ihnen unterzeichnet wurde. Jenes Abkommen wurde infolge einer Reihe von diskreten Sitzungen formuliert und von den Seiten über eine lange Zeit respektiert."

"Maßnahmen gegen Häftlinge wegen Terror nötig"

In der Mitteilung schreibt die Sicherheitsbehörde: "Während der Diskussionen wurde hervorgehoben, dass die Maßnahmen, die Israel gegenüber den Gefangenen in Verwaltungshaft anwendet, von der Wirklichkeit diktiert wurden angesichts ihrer Beteiligung am Terror, der sich in Israel in den vergangenen Jahren ereignet hat. Diese Maßnahmen stehen im Einklang mit den Anforderungen des internationalen Rechtes und internationaler Verträge."

Die Gefängnisbehörde wiederum teilte mit: "Es sollte klargestellt werden, dass während des Streiks die Streikenden unter gründlicher medizinischer Versorgung waren und eine professionelle Behandlung erhielten, wie es nötig war. Dazu gehörten auch Untersuchungen und Krankenhausaufenthalte entsprechend der Bedürfnisse. Auch nach der Beendigung des Streikes wird die medizinische Begleitung andauern, um mögliche Komplikationen durch eine unbeaufsichtigte Rückkehr zum Essen zu vermeiden."

PLO-Vertreterin: "Sieg für Millionen Palästinenser"

Die Vertreterin der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Hanan Aschrawi, lobte die Vereinbarung. Diese habe die Macht des gewaltlosen Widerstandes deutlich gemacht, erklärte sie laut "Ma´an". Die Konfrontation der Häftlinge mit der israelischen Gefängnisbehörde sei "ein Sieg nicht nur für sie und ihre Familien, sondern auch für die Millionen von Palästinensern, die im besetzten palästinensischen Gebiet und im Exil leben. Der Mut der Hungerstreikenden ist äußerst inspirierend, und ihre Selbstlosigkeit zutiefst demütigend."

In der vergangenen Woche hatte die Organisation "Ärzte für die Menschenrechte" eine Freilassung der Palästinenser in Verwaltungshaft oder einen Prozess gegen sie gefordert. Protest kam auch von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon und aus der EU.

Die Knesset wiederum verabschiedete vor einer Woche ein Gesetz, das die Haftbedingungen für alle Gefangenen verbessern soll. Der Gesetzestext war aus Vorschlägen des Abgeordneten Dov Chenin (Hadasch) und des Ministeriums für öffentliche Sicherheit hervorgegangen.

Die Verwaltungshaft erlaubt es israelischen Sicherheitskräften, Verdächtige festzunehmen, ohne sie über die Anschuldigungen zu informieren. Die Personen können bis zu sechs Monate ohne Gerichtsverhandlung festgehalten werden. Die Strafe kann wiederholt verlängert werden.

Israel übergibt 100 Leichen an Palästinenser

Unterdessen entschied der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu am Montag, die Leichen von 100 Terroristen an die Palästinenser zurückzugeben. Sie waren zuvor in Israel bestattet worden. "Wir hoffen, dass dieser Schritt das Vertrauen vergrößern wird und zur Erneuerung des politischen Prozesses mit den Palästinensern beiträgt", zitiert die Tageszeitung "Ha´aretz" einen israelischen Vertreter.

Am Samstag hatte sich Netanjahus Sondergesandter Jitzchak Molcho in Ramallah mit dem PA-Vorsitzenden Mahmud Abbas getroffen. Dieser äußerte drei Bitten: dass Israel ein Ende des Hungerstreikes herbeiführe, den Transfer verstorbener Palästinenser und die Freilassung von Häftlingen, die bereits vor dem Oslo-Abkommen festgenommen wurden.

Molcho habe Netanjahu über die drei Wünsche informiert. Der Premierminister habe daraufhin entschieden, die Leichen von 100 Terroristen zu übergeben – als Vertrauensbeweis an Abbas. Er sei verbunden mit der Hoffnung, dass die Wiederaufnahme der Gespräche zwischen den beiden Seiten dadurch beschleunigt werden könne. Von einer Freilassung palästinensischer Häftlinge sei hingegen nicht die Rede gewesen.

Ursprünglich hatte Israel die sterblichen Überreste der Palästinenser bereits im Juli 2011 an die PA übergeben wollen. Doch in letzter Minute änderten Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak ihre Meinung. Einerseits übten die Angehörigen von Terror-Opfern Druck auf die israelischen Politiker aus. Andererseits befürchteten sie, Fortschritte in den Verhandlungen um eine Freilassung des entführten Soldaten Gilad Schalit zu gefährden. Dieser wurde im Oktober gegen 1.027 palästinensische Häftlinge ausgetauscht.

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