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Zwischenruf: Wenn Israelhass grassiert

BERLIN (inn) - Ein schönes Wochenende steht ins Haus. Juden feiern Pessach, die Erinnerung an den Weg des Volkes Israel in die Freiheit. Christen feiern Ostern, die Erinnerung an die Auferweckung des aus dem jüdischen Volk stammenden Jesus von Nazareth zu einem neuen Leben. Für viele sind das Tage der Besinnung und der Freude gleichermaßen.

Ruhige Feiertage können es jedoch nicht sein. Nicht jetzt – nach dem zeitlich genau gesetzten Text von Günter Grass aus Deutschland. Was er „mit letzter Tinte“ als Vermächtnis und gar politisches Testament stilisiert, ist Antisemitismus im Gewand so genannter Israelkritik. Schon hundertfach gesagt, geschrieben, gesendet: Israel zu kritisieren, ist kein Tabubruch. Die größten Israelkritiker sind in Israel zu finden. Im Parlament, auf der Straße, bei privaten Feiern – es geht ständig auch in scharfen Tönen um die Politik und die Politiker.

Doch Grass kritisiert nicht. Er stigmatisiert. Und das geht nicht. Nirgendwo in der Welt und in Deutschland schon gar nicht. Stammt nicht von hier die vernichtende Kurzformel „Juden sind unser Unglück“, die zur Massenvernichtung führte? „Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden“, lesen wir bei Grass. Heißt das: Israel ist die größte Gefahr für die Menschheit, gefährlicher als alle „Maulhelden“ wie Hitler und Ahmadinedschad? Über Jahrhunderte hatte der Antisemitismus seinen Ort vor allem unter dem Dach der Kirchen. Gerade Karfreitag und Ostern brach sich von dort der Judenhass Bahn, wurden aus der Wortgewalt von Maulhelden brachiale Gewalt und Mord. Ritualmordklagen und Pogrome ziehen sich dunkel durch die Geschichte.

Der Antisemitismus heute kommt aus anderen Ecken: dem islamischen Dschihadismus unter der grünen Fahne Mohammeds und dem alt- und neulinken Judenhass unter der roten Fahne der Sozialisten, der nationalen und der realen. Das „Weltjudentum“, die „jüdische „Hochfinanz“, voran die „jüdischen Spekulanten“ und schließlich die „Zionisten“ sind Zielscheibe linker Reichenhasser, Kapitalismuskritiker und Gutmenschen. Die meist hinzufügen, wie Grass auch, dass sie „Israel verbunden“ seien.

In wohltuender Klarheit haben sich kürzlich in einem Papier die Jusos aus Berlin für Israels Lebensrecht als Staat eingesetzt und mutig formuliert: „Israel war und ist noch die einzige gefestigte Demokratie im Nahen Osten, in der Menschenrechte gelten (und einklagbar sind) und eine kritische Öffentlichkeit nicht in Gefahr von politischer Verfolgung ist.“

Der in vergangenen Wahlkampfzeiten SPD-nahe Grass sagte dagegen bereits 2001 in einem „Spiegel Online“-Interview: „Israel muss nicht nur besetzte Gebiete räumen. Auch die Besitznahme palästinensischen Bodens und seine israelische Besiedlung ist eine kriminelle Handlung. Das muss nicht nur aufhören, sondern rückgängig gemacht werden. Sonst kehrt dort kein Frieden ein.“ Das Zitat notiert Henryk M. Broder dieser Tage in der Tageszeitung „Die Welt“ und fährt seinerseits fort: „Das war nicht mehr und nicht weniger als eine Aufforderung an Israel, nicht nur Nablus und Hebron, sondern auch Tel Aviv und Haifa aufzugeben.“

Das Gesamtkunstwerk Grass verliert sich so in plattem Israelhass, der sich im neuesten Gedicht fortsetzt – und den manche Kommentatoren schon im Freiwilligen der Waffen-SS angelegt sehen.

Über den literarischen Wert des aktuellen Textes, veröffentlicht in der „Süddeutschen Zeitung“, müssen andere urteilen. Der Text klingt sehr nach Provinz, nach Provinz im negativen Sinne. Freilich, als Provinz-Gedicht kann das Geschriebene nicht abgetan werden. Immerhin hat sich Günter Grass zu Wort gemeldet, ein Literatur-Nobelpreisträger aus Deutschland. Einige klatschen schon Beifall – öffentlich, heimlich, unheimlich. Und das macht die Geschichte dann doch gefährlich, pünktlich an Pessach und Ostern.

Von: Egmond Prill

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