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Israel und der Iran

JERUSALEM (inn) - Bei einem Hintergrundgespräch im israelischen Außenministerium zur Lage in Nahost kam unweigerlich die Frage auf: "Wann wird Israel den Iran angreifen?" Ein Beamter volontierte, den anwesenden Journalisten eine Antwort unter Berufung auf Erich Kästner zu liefern: "Am 35. Mai".

Ein Reporter hatte nicht aufgepasst und hakte nach: "Und um wie viel Uhr?" Trotz einer Weisung des Premierministers Benjamin Netanjahu, sich zum Thema Iran nicht öffentlich zu äußern, nannte der Israeli sogar die exakte Uhrzeit: "Um 25 Uhr."

Auf dem Rückweg fragten wir den Taxifahrer nach dem Iran. Der Himmel war graugelb und der Rundfunk empfahl, die Fenster zu schließen, weil Ostwinde lebensgefährliche Sandpartikel aus Richtung Iran, Jordanien und Saudi-Arabien über Israel fegten. "Das kannst du doch sehen. Da stehen alle Iraner und pusten Sand nach Israel, um zu schauen, ob Israel zurückschlägt."
 
Der Iran ist kein großes Thema in den israelischen Medien. Autounfälle, der Anschlag in Toulouse, Wohnungspreise und das Austeilen psychiatrischer Medikamente bei "Big Brother" im Fernsehen bewegen die Israelis weit mehr, als die Spekulation zu einem israelischen Luftangriff auf Atomanlagen im Iran, oder die im Ausland vorhergesagte Apokalypse danach.
 
Die Israelis reagieren auf die düsteren Aussichten mit Galgenhumor. Bei "Eretz Nehederet" (Wunderbares Land), der populärsten Satiresendung im israelischen Fernsehen, hieß es, dass der Angriff auf den Iran ausfalle, wegen der hohen Benzinpreise. Im Facebook wurde Netanjahu aufgefordert, den Angriff bis nach dem Konzert von Madonna im Mai zu vertagen.

"Wir haben echt Angst, reden aber lieber nicht darüber. Wir wissen, dass solche Dinge passieren können", sagt Filmemacher Ronen Barany. "Wir lachen darüber, wissen aber, dass das alles schrecklicher Ernst sein kann."
 
Die Amerikaner und Israel seien sich einig, dass Teheran noch nicht den Beschluss gefasst habe, eine Atombombe zu bauen. Eine Nachfrage bei israelischen Sprechern ergab keine klare Antwort. "Ich verstehe diesen Satz auch nicht ganz." Offenbar gibt es in der israelischen Regierung eine Diskussion zur Wirksamkeit der scharfen Sanktionen gegen Teheran. Würden sie zu einer Kehrtwende führen, den Griff nach der Atombombe stoppen oder vielleicht gar das Ajatollah-Regime nach 33 Jahren kippen? Es gibt unterschiedliche Denkschulen, aber keine Gewissheit. Deshalb schweigen sich die offiziellen Stellen aus.
 
Israel hat schon vor über 15 Jahren auf die Gefahr einer iranischen Atombombe hingewiesen. Aber erst in jüngster Zeit gab es einen spürbaren Wandel bei der internationalen Gemeinschaft, wobei Russland und China aus eigenen Interessen nicht mitzogen. Weiter kann man bei Israelis hören, dass die Ölemirate, Saudi-Arabien und Ägypten im Iran eine weit größere Bedrohung sehen, als der jüdische Staat, obgleich Teheran ständig verbale Vernichtungsdrohungen gegen den "kleinen Satan" Israel aussendet. Mit Unbehagen wird in Israel spekuliert, dass ein atomarer Iran ein Wettrüsten in der arabischen Welt auslösen könnte, ebenfalls eine Atombombe zu besitzen. Das würde den ganzen Nahen Osten noch unberechenbarer machen, als er ohnehin schon ist.

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