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Auf der Flucht in die Hölle

Sie kommen aus Äthiopien, dem Sudan, aus Eritrea. Was sie suchen, ist ein besseres Leben - afrikanische Flüchtlinge, die durch das Wüstengebiet der Sinai-Halbinsel nach Israel einwandern wollen. Womit sie allerdings auf ihrem mühsamen Weg Richtung "Gelobtes Land" konfrontiert werden, sind menschenverachtende Zustände. Sie werden entführt, misshandelt, vergewaltigt, ihnen werden Organe bei lebendigem Leib entfernt. Bis nach Israel gelangen sie oft gar nicht.

Ich habe zwischendurch nur auf meinen Tod gewartet. Es gibt Hunger und unvorstellbare Grausamkeiten. Schlimmer als alles, was man irgendwo lesen kann", sagt Teklit Michael, ein Flüchtling aus Eritrea, in einem Bericht der ZDF-Sendung "heute journal". Der Afrikaner war auf einer der gefährlichsten Flüchtlingsrouten der Welt unterwegs – von Ägypten über die Sinai-Halbinsel nach Israel. Menschenhändler nahmen Telikt gefangen. Er ist ihnen entkommen. Seine Erinnerungen an die schreckliche Zeit der Gefangenschaft werden ihn vermutlich sein ganzes Leben verfolgen.

Im November vergangenen Jahres strahlte der amerikanische Sender CNN einen Beitrag aus, der sich mit dem Menschenhandel auf der Sinai-Halbinsel befasste. Darin wurde berichtet, dass Flüchtlingen von Menschenschmugglern Organe entnommen worden seien. Diese würden auf Bestellung aus Kairo für Tausende Dollar verkauft. Drahtzieher dieses Handels sollen Beduinen sein. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb am 9. Dezember, dass im Anschluss an die Fernsehsendung 611 Flüchtlinge freigelassen worden seien. Doch laut Angaben der Menschenrechtsorganisation "Ärzte für Menschenrechte-Israel" (PHR-Israel) agiert das Schmuggler-Netzwerk nach wie vor. Wie viele Menschen in der Wüste von Menschenhändlern festgehalten werden, ist offiziell nicht bekannt.

Doch warum setzen sich die Migranten einer solchen Gefahr aus? – Sie hoffen auf ein besseres, ein freies Leben.

In einem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe steht, dass die Menschenrechte etwa in Eritrea massiv verletzt werden. In dem afrikanischen Land ist die Dauer des Wehrdienstes unbegrenzt. Das trifft auch auf das Dienen in militärisch organisierten Arbeitsbrigaden zu. Diese Brigaden werden laut Bericht zunehmend als öffentliche Zwangsarbeit wahrgenommen. Auch Kinder sollen zur Zwangsarbeit genötigt werden. Wehrdienstverweigerung kann in Eritrea mit dem Tod bestraft werden. So machen sich die Migranten auf, um in einem anderen Land frei von dieser Unterdrückung zu leben. Im Jahr 2011 gelangten laut der israelischen Behörde für Bevölkerung, Immigration und Grenzen 16.816 Einwanderer illegal nach Israel.

"Angekettet und gefoltert"

Doch viele kommen dort gar nicht an. Der Weg in Richtung "Heiliges Land" läuft mitunter so ab, dass die Flüchtlinge von Schmugglern in Ägypten zur israelischen Grenze gebracht werden sollen, jedoch zum Teil in regelrechte Folterlager in der Sinai-Wüste verschleppt werden.

Shivat Kidane, eine Frau, die aus Eritrea geflüchtet ist, beschreibt in der Sendung "Arte Journal" die Zustände in den Wüsten-Camps: "Wir haben schreckliche Dinge gesehen. Menschen erbrechen Blut, Menschen sind angekettet und werden gefoltert. Ich habe Flüchtlinge gesehen, denen sie Nieren gestohlen haben und die sie in der Wüste haben sterben lassen. Sie lassen die Verwundeten einfach umkommen."

Das Ziel der Menschenhändler: möglichst viel Geld verdienen. Sie versuchen Angehörige der Entführten zu erpressen. Bezahlen die Angehörigen den geforderten Geldbetrag, werden die Flüchtlinge meist an die israelische Grenze gebracht. Zahlen sie nicht, so werden die Migranten weiter gefoltert, vergewaltigt, ihnen werden Organe bei lebendigem Leib geraubt oder sie werden direkt umgebracht.

Der Handel mit Organen ist laut der CNN-Reportage nach dem Waffenhandel das lukrativste Geschäft – lukrativer als Drogenhandel oder das Geschäft mit Prostitution. Für ein Organ, beispielsweise Leber oder Niere, werden Preise von 1.000 bis zu 20.000 US-Dollar bezahlt, heißt es in dem Beitrag.

In Ägypten wurde erst 2010 ein neues Gesetz gegen Menschenhandel erlassen. Doch die ägyptische Polizei fühlt sich machtlos im Kampf gegen den Menschenhandel in den weitläufigen Gebieten des Sinais – größer als die Slowakei.

Organisationen wie "Ärzte für Menschenrechte-Israel" und "Hotline für Gastarbeiter" rufen die ägyptischen und israelischen Regierungen sowie die internationale Gemeinschaft auf, gegen diese Grausamkeiten vorzugehen, die Flüchtlinge zu befreien, die Schmuggler strafrechtlich zu verfolgen und die Folteropfer zu versorgen.

Sigal Rozen, Koordinatorin der "Hotline für Gastarbeiter", klagt an: "Wären die Geiseln Europäer, hätte man diesem Treiben längst ein Ende gesetzt".

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