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„Israels Demokratie in Gefahr“

JERUSALEM (inn) - "Der Demokratie in Israel droht akute Gefahr" - dies sagte Oppositionschefin Zippi Livni in der Knesset, dem israelischen Parlament. Neue Gesetzesvorlagen könnten die Unabhängigkeit des Obersten Gerichts, des israelischen Pendants zum Bundesgerichtshof, beschneiden. Diskutiert wird auch eine Beschränkung ausländischer Finanzierung anti-israelischer Nicht-Regierungs-Organisationen.

Vor der Sommerpause hatte die Knesset mit ihrer stabilen rechtsgerichteten Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, um arabischen Institutionen und Schulen, die den palästinensischen Gedenktag "Nakba" begehen, die staatliche Finanzierung zu entziehen. Die Gründung Israels am 15. Mai 1948 wird von Palästinensern als "Katastrophe" und "Holocaust" bezeichnet, so die wörtliche Übersetzung des arabischen Wortes "Nakba".

Die Mehrheit der Abgeordneten sehen darin eine Verunglimpfung des Staates Israels und haben beschlossen, jenen Schulen und Institutionen die staatliche Finanzierung zu entziehen, die diesen "Gedenktag" begehen. Angesichts der gesetzlich verankerten Demonstrationsfreiheit wurde den arabischen Staatsbürgern jedoch nicht verboten, die "Nakba" zu begehen.

Jetzt haben es die Abgeordneten auf das Oberste Gericht abgesehen, das unter seinem früheren Präsidenten Aharon Barak als "zunehmend politisiert" in Verruf geraten ist. Das Oberste Gericht steht jedem offen, auch Palästinensern aus den besetzten Gebieten. In der Vergangenheit haben Palästinenser bemerkenswerte Urteile zu ihren Gunsten erkämpfen können. So musste die Siedlung "Elon Moreh" bei Nablus verlegt werden, weil Palästinenser gegen die Enteignung ihrer Felder, aufgrund des Baus einer Zugangsstraße zu der Siedlung, geklagt hatten.

Gescheiterte Klage von Terror-Opfern

Aharon Barak hatte "alles" für gerichtswürdig gehalten, während inzwischen die zwölf Oberrichter unter dem Vorsitz von Dorit Beinisch "politisch motivierte" Klagen zurückweisen. Jüngstes Beispiel war der gescheiterte Versuch von Terror-Opfern, die Freilassung von 1.027 verurteilten palästinensischen Gefangenen, im Tausch für den von der Hamas in Geiselhaft festgehaltenen Soldaten Gilad Schalit, zu verhindern. Dies sei eine "politische Entscheidung", in die sich das Gericht nicht einmische, wurde den Klägern erläutert.
 
Die Abgeordneten wollen künftig mehr Einfluss auf die Ernennung neuer Richter und des Gerichtspräsidenten. Immerhin gibt es unter den zwölf Oberrichtern einen Araber: Salim Dschubran. Die übrigen Richter sind Juden europäischer Herkunft. Nun fordern die mehrheitlich orientalischen Juden Israels eine Repräsentanz.

Andere glauben, dass die meisten Richter "linke" Ansichten pflegen und dass es einen "konservativen" Richter geben müsse. Laut Presseberichten habe der 66 Jahre alte Ascher Gronis die beste Chance, das Erbe von Beinisch als Gerichtspräsident anzutreten. Gronis steht im Ruf, gegen den von Barak eingeführten "Aktivismus" des Obersten Gerichts zu sein.

Der Vorschlag, künftige Oberrichter nach amerikanischem Modell einer öffentlichen Anhörung im Parlament zu unterziehen, wurde auf Weisung von Premierminister Benjamin Netanjahu wieder zurückgezogen.

"Finanzierung israelfeindlicher Organisationen durch EU inakzeptabel"

Nach wie vor wird diskutiert, wie die Macht von Organisationen wie "Frieden Jetzt", "Betzelem" oder "Schweigen brechen" zu brechen sei. "Frieden Jetzt" hat sich darauf spezialisiert, die Siedlungspolitik an den Pranger zu stellen, indem sie Landkarten verbreitet, Diplomaten und Journalisten herumführt und mit Hubschraubern das Westjordanland fotografiert, um jede Bautätigkeit in den Siedlungen zu dokumentieren.

Die Menschenrechtsorganisation "Betzelem" konzentriert sich darauf, Verstöße des israelischen Militärs oder der Siedler gegen Palästinenser zu dokumentieren. Palästinensische Verbrechen werden von "Betzelem" nicht beachtet oder nur beiläufig kommentiert. Auf die Gesetzesvorlage reagierte die "Betzelem"-Sprecherin Sarit Michaeli wie folgt: "Diese Regierung wird uns nicht zum Schweigen bringen. ‚Betzelem‘ wird erst schweigen, wenn die Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten enden. Bis dahin werden wir alle Ungerechtigkeiten der Besatzung offen legen."

"Schweigen brechen" verfügt nach Angaben seiner Sprecherin über ein jährliches Budget von 600.000 Euro, alles Spenden von der EU-Regierung. Die Organisation wurde durch anonyme Aussagen von Soldaten nach dem Gazakrieg 2008/2009 bekannt. Der südafrikanische Richter Richard Goldstone hatte sie in seinen UNO-Report über den Krieg ungeprüft übernommen. Das israelische Militär warf der Organisation vor, mangels Erwähnung von Ort und Datum der vermeintlichen Kriegsverbrechen die Angaben nicht überprüfen zu können. Inzwischen stellte sich heraus, dass viele der von "Schweigen brechen" veröffentlichten Aussagen falsch oder fragwürdig waren, während Goldstone seine Verurteilung Israels widerrufen hat.

Der Abgeordnete Ofir Akunis (Likud) hält die Finanzierung "israelfeindlicher" Organisationen durch EU-Staaten für eine inakzeptable Einmischung in die inneren Angelegenheiten Israels. "Was würden die Spanier sagen, wenn Israel die ETA finanziell unterstützen würde?"

Linke Abgeordnete sehen in den Vorlagen einen Versuch, die Meinungsfreiheit einzuschränken, während andere "Kriterien" vermissen, die Nicht-Regierungs-Organisationen einschränken. Im Prinzip sind jüdische Organisationen, die für israelische Krankenhäuser spenden, genauso betroffen, wie die deutschen Adenauer-, Naumann-, Ebert-, Böll- und Rosa Luxemburg-Stiftungen. Mit Millionenbeträgen verwirklichen sie soziale und andere Projekte, die durchaus im Sinne der israelischen Regierungen sind und dem Staat Israel viel Geld sparen.

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