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Friedensinitiative als Beruhigungsmittel

Ein eher düsteres Bild zeichnet Amnon Lipkin-Schachak von der gegenwärtigen Lage im Nahen Osten. "Seit Mitte der 1990er Jahre haben wir - Israelis und Palästinenser - alle Hoffnung und jedes Vertrauen zueinander verloren", weiß der ehemalige Karriereoffizier der israelischen Armee, der es immerhin bis zum Generalstabschef (1995-1998) gebracht hat.

Lipkin-Schachak gibt zu, dass Israel eine "sehr ungewöhnliche Erscheinung" in diesem Teil der Welt und für seine Nachbarn "nur sehr schwer zu schlucken und zu verdauen" sei. Von Anfang an war er maßgeblich an den Verhandlungen mit den Palästinensern beteiligt. Als Generalstabschef verhandelte er persönlich mit einem syrischen Pendant.

Nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak war Lipkin-Schachak im März 2011 gemeinsam mit den ehemaligen israelischen Geheimdienstchefs Jaakov Peri und Danni Jatom, sowie Israels ehemaligem UNO-Botschafter Dan Gillerman, in Ägypten. Zweimal wurde der 67-jährige Vater von fünf Kindern im Laufe seiner militärischen Laufbahn mit der Tapferkeitsmedaille seines Landes ausgezeichnet. Jetzt will er trotz der undurchsichtigen Situation in Israels Nachbarländern Zeichen setzen. Der neue ägyptische Außenminister Nabil Elaraby habe ihnen versichert, "dass der Fortbestand des Friedensvertrages seines Landes mit Israel im Interesse Ägyptens sei". Lipkin-Schachak hofft auf "normale Beziehungen", weiß aber: "das bedeutet nicht warme Beziehungen".

Auf die Frage, ob sich diese "normalen Beziehungen" in naher Zukunft entwickeln könnten, bleibt der ehemalige Knessetabgeordnete, Tourismus- und Verkehrsminister zurückhaltend: "Eher nicht. Das liegt nicht an der israelischen Regierung", nimmt er seine politischen Gegner in Schutz. "Die israelische Gesellschaft hat jede Hoffnung verloren."

"Abbas und Fajjad sind das beste palästinensische Führungsteam"

Auch bei seinen palästinensischen Nachbarn sieht er kaum einen Lichtblick. Er glaubt nicht an eine echte Versöhnung zwischen Hamas und Fatah. "Abu Masen (der palästinensische Präsident Mahmud Abbas) ist noch nicht einmal in der Lage, die Fatah zu einen", meint der Mann, der sich jahrelang darum gemüht hat, seine Nachbarn kennenzulernen. Er ist überzeugt: "Abbas und (der palästinensische Premierminister Salam) Fajjad sind das beste Führungsteam, das die Palästinenser je hatten. Aber Fajjad hat politisch keine Chance, weil er nie Steine geworfen hat, nie im israelischen Gefängnis saß, nie einer palästinensischen Terror-Organisation angehört hat."

"Niemand kann den September daran hindern, zu kommen", richtet Amnon Lipkin-Schachak seinen Blick in die unmittelbare Zukunft, sieht allerdings keine großen Veränderungen im Blick auf die palästinensischen Anstrengungen, von der UNO als Vollmitglied anerkannt zu werden. Die UNO-Vollversammlung kann höchstens eine Deklaration herausgeben und jede verbindliche Erklärung des UNO-Sicherheitsrates wird nach Einschätzung Lipkin-Schachaks durch das Vetorecht der USA verunmöglicht.

Dabei seien die Parameter für ein Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern nach zwei Jahrzehnten intensiver Verhandlungen und einer Unzahl von Vertragsvorschlägen eigentlich klar. Der General i.R. sieht als realistischen Rahmen den Clinton-Plan vom Herbst 2000, der von der zweiten Intifada erstickt wurde – und: "Die arabische Welt muss mit einbezogen werden."

Lipkin-Schachak ist überzeugt: "Irgendetwas wird in naher Zukunft passieren. Der Status quo ist unhaltbar." Was passieren wird, kann er allerdings genauso wenig sagen, wie er die Erklärung schuldig bleibt, was an seiner jüngsten Friedensinitiative eigentlich besonders sei. Er weiß, dass sich seine Armee auf ganz neue Konfrontationen einstellen muss, "vermutlich mit gewaltlosen Demonstranten, zu Wasser und im eigenen Lande". Er vermutet Auseinandersetzungen, die bewusst gewaltlos in Gang gesetzt werden, dann aber leicht durch einen fatalen Fehler – von welcher Seite auch immer – zur Katastrophe werden können. Immer wieder spricht er von "vielen guten Fragen, auf die niemand eine Antwort hat".

Aber warum drängt der offensichtlich mit allen politischen und militärischen Wassern Gewaschene dann ausgerechnet jetzt auf eine Friedensinitiative – noch dazu, wenn er nicht müde wird, zu betonen, dass unter Zeitdruck nichts erreicht werden kann? Er zuckt die Schultern: "Versöhnung ist eine Notwendigkeit für uns und die arabische Welt." Und: Wenn es schon zu einer möglicherweise gewaltsamen Veränderung des Status quo in naher Zukunft kommen muss, dann wird "eine israelische Friedensinitiative wenigstens unsere Freunde davon überzeugen, dass wir tatsächlich ein Ende des Konflikts wollen".

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