"Israel hat keinen besseren Freund als Amerika. Und Amerika hat keinen besseren Freund als Israel", sagte Netanjahu bei seiner Ansprache in Washington am Dienstagabend. "Wir stehen zusammen, um die Demokratie zu verteidigen. Wir stehen zusammen, um Frieden zu fördern. Wir stehen zusammen, um Terror zu bekämpfen. Glückwunsch, Amerika, Glückwunsch, Herr Präsident. Sie haben Bin Laden gefasst. Ein Glück, dass wir den los sind!"
Zu den arabischen Revolten meinte der israelische Regierungschef: "Dieser historische Augenblick birgt in sich das Versprechen einer neuen Morgendämmerung von Freiheit und Gelegenheit. Millionen junge Leute sind entschlossen, ihre Zukunft zu verändern. Wir alle schauen auf sie. Sie bringen Mut auf. Sie riskieren ihr Leben. Sie fordern Würde. Sie ersehnen Freiheit. Diese außerordentlichen Szenen in Tunesien und Kairo rufen jene aus Berlin und Prag im Jahr 1989 hervor. Doch indem wir ihre Hoffnungen teilen, müssen wir auch daran erinnern, dass jene Hoffnungen ausgelöscht werden könnten, wie es in Teheran 1979 geschah. Sie erinnern sich daran, was damals geschah. Der kurze demokratische Frühling im Iran wurde durch eine wilde und unversöhnliche Tyrannei vorzeitig abgebrochen. Dieselbe Tyrannei hat die demokratische Zedernrevolution des Libanon zerschmettert und jenem Land, das einen langen Leidensweg gegangen ist, die mittelalterliche Herrschaft der Hisbollah auferlegt."
Er fügte an: "In einer Region, wo Frauen gesteinigt, Homosexuelle gehängt, Christen verfolgt werden, sticht Israel hervor. Es ist anders." Und: "Israel unterstützt vollkommen den Wunsch arabischer Völker in unserer Region nach einem Leben in Freiheit. Wir sehnen uns nach dem Tag, an dem Israel eine von vielen echten Demokratien im Nahen Osten sein wird." Zudem betonte er: "Von den 300 Millionen Arabern im Nahen Osten und in Nordafrika haben nur die arabischen Bürger Israels echte demokratische Rechte."
Die iranische Bedrohung werde unterschätzt und ignoriert, kritisierte Netanjahu: "In einem großen Teil der internationalen Gemeinschaft treffen die Forderungen nach unserer Zerstörung auf völliges Schweigen. Es ist sogar noch schlimmer, weil viele sich beeilen, Israel dafür zu verurteilen, dass es sich gegen die Terrorbevollmächtigten des Iran wehrt. Aber nicht Sie. Nicht Amerika. Sie haben anders gehandelt. Sie haben das iranische Regime für seine Völkermordziele verurteilt. Sie haben harte Sanktionen gegen den Iran verabschiedet."
"Die Palästinenser teilen das Land mit uns"
Der Premier gestand zu, dass Israel bei einem echten Frieden Teile des jüdischen Heimatlandes aufgeben müsse. "In Judäa und Samaria sind die Juden keine ausländischen Besatzer. Wir sind nicht die Briten in Indien. Wir sind nicht die Belgier im Kongo. Dies ist das Land unserer Vorfahren, das Land Israel, in das Abraham die Vorstellung von einem Gott gebracht hat, wo David Goliat gegenübergetreten ist und wo Jesaja eine Vision von ewigem Frieden sah. Keine Verzerrung der Geschichte kann die 4.000 Jahre alte Bindung zwischen dem jüdischen Volk und dem jüdischen Land leugnen.
Aber es gibt eine andere Wahrheit: Die Palästinenser teilen dieses kleine Land mit uns. Wir erstreben einen Frieden, in dem sie weder Israels Untertanen noch seine Bürger sein werden. Sie sollten ein nationales Leben der Würde als freies, lebensfähiges und unabhängiges Volk in ihrem eigenen Staat genießen. Sie sollten eine florierende Wirtschaft genießen, wo ihre Kreativität und Initiative gedeihen kann. Wir haben bereits Anfänge von dem gesehen, was möglich ist. In den letzten zwei Jahren haben die Palästinenser begonnen, sich ein besseres Leben aufzubauen."
Die palästinensische Wirtschaft boome, fügte Netanjahu hinzu. "Sie wächst jedes Jahr um zehn Prozent." Dies geschehe ohne Frieden. "Stellen Sie sich vor, was erst mit Frieden geschehen könnte."
Er wiederholte seine Auffassung, dass es im Konflikt nie um die Errichtung eines palästinensischen Staates gegangen sei, sondern von Anfang an um die Existenz des jüdischen Staates. "In den vergangenen Jahren haben die Palästinenser zweimal großzügige Angebote von israelischen Premierministern zurückgewiesen, einen palästinensischen Staat praktisch auf dem gesamten Gebiet zu errichten, das Israel im Sechstagekrieg gewonnen hat. Sie waren schlicht nicht gewillt, den Konflikt zu beenden. Und ich bedaure es, dies zu sagen: Sie erziehen ihre Kinder weiter zum Hass. Sie benennen weiter öffentliche Plätze nach Terroristen. Und, das ist am schlimmsten, sie erhalten die Phantasievorstellung aufrecht, dass Israel eines Tages von den Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge überflutet werden wird."
Keine Rückkehr zu Grenzen von 1967
Bezüglich der möglichen Grenzen sagte Netanjahu: "In jeglichem Friedensabkommen, das den Konflikt beendet, werden einige Siedlungen letztlich außerhalb der israelischen Grenzen bleiben. Die genaue Grenzführung muss verhandelt werden. Wir werden sehr großzügig bezüglich der Größe eines zukünftigen palästinensischen Staates sein. Aber wie Präsident Obama sagte, wird die Grenze anders sein als diejenige, die am 4. Juni 1967 existierte. Israel wird nicht zu den nicht zu verteidigenden Grenzen von 1967 zurückkehren." Jerusalem müsse die vereinte Hauptstadt von Israel bleiben.
Der Regierungschef ging auch auf die bisherigen israelischen Abzüge aus arabischem Gebiet ein: "Friede muss in Sicherheit verankert sein. In den vergangenen Jahren hat sich Israel aus dem Südlibanon und aus Gaza zurückgezogen. Aber wir haben keinen Frieden erhalten. Stattdessen erhielten wir 12.000 Raketen, die von jenen Gebieten auf unsere Städte, auf unsere Kinder abgefeuert wurden, von der Hisbollah und der Hamas. Die UN-Friedenstruppen im Libanon haben es nicht geschafft, den Schmuggel dieser Waffen zu verhindern. Die europäischen Beobachter in Gaza haben sich über Nacht verflüchtigt. Wenn Israel also einfach aus den Gebieten herausginge, würde der Waffenfluss in einen zukünftigen palästinensischen Staat nicht kontrolliert. Raketen, die von dort aus abgefeuert würden, könnten praktisch jedes Haus in Israel in weniger als einer Minute erreichen. Ich möchte, dass Sie auch darüber nachdenken. Stellen Sie sich vor, wir alle hätten jetzt weniger als 60 Sekunden, um Zuflucht vor einer eintreffenden Rakete zu finden. Würden Sie so leben?"
Verhandlungen mit "der palästinensischen Version von Al-Qaida" seien nicht erwünscht. Deshalb forderte er Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auf: "Zerreißen Sie Ihren Vertrag mit der Hamas! Setzen Sie sich hin und verhandeln Sie! Schließen Sie Frieden mit dem jüdischen Staat! Und wenn Sie das tun, dann verspreche ich Ihnen, dass Israel nicht das letzte Land sein wird, das einen palästinensischen Staat als neues Mitglied der Vereinten Nationen willkommen heißt. Es wird das erste sein, das dies tut."
Palästinensische Kritik
Netanjahu hatte bereits vor 15 Jahren vor dem US-Kongress gesprochen. Die versammelten amerikanischen Politiker bedachten ihn mit großem Beifall. Bei Palästinensern stieß die Rede hingegen auf Kritik. Der israelische Regierungschef sei "kein Mann des Friedens", sagte der frühere Chefunterhändler Saeb Erekat laut der palästinensischen Nachrichtenagentur "Ma´an". "Er hat nichts Neues angeboten und Geschichte und Geographie vermischt." Zudem habe er Abbas aufgefordert, zwischen der Hamas und ihm selbst zu wählen. "Aber die palästinensische Regierung wird die Versöhnung nicht aufgeben. Der Friede hängt von der Versöhnung ab."
Bundesaußenminister Guido Westerwelle teilte mit: "Wir haben die Rede des israelischen Premierministers sehr aufmerksam verfolgt und wir werden sie jetzt gründlich analysieren. Ein positives Element dieser Rede ist unzweifelhaft das klare Bekenntnis zu einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung. Entscheidend ist es nun, ausgehend von diesem Bekenntnis zu Verhandlungen und einer Friedenslösung mit zwei Staaten Israel und Palästina konkrete Impulse für den Nahost-Friedensprozess zu entwickeln. Der Weg zum Frieden im Nahen Osten braucht den Willen und den Mut zu Verhandlungen und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten."