Für Großmutter Tonia kann es nie sauber genug sein – sie putzt und schrubbt den ganzen Tag. Shalev beschreibt, wie sie seine Mutter und deren Schwester zum Putzen früher aus der Schule holt und sogar Gäste selbstverständlich in ihre Aktionen mit einbezieht. Ihr Schwager, Onkel Jeschajahu, ist in die USA ausgewandert. Als Antizionist und Anhänger des Kapitalismus gilt er in der sozialistisch geprägten Arbeitersiedlung Nahalal, in der die Familie lebt, als "doppelter Verräter". Seine Briefe mit Dollar-Scheinen zur Unterstützung der Angehörigen im Heiligen Land werden ungeöffnet zurückgeschickt. Also besorgt er den schwersten erhältlichen Staubsauger, auch "Sweeper" genannt, um ihn der Ehefrau seines Bruders zu schenken. Denn dieses unhandliche Putzgerät muss sie auf jeden Fall behalten.
Anschaulich schildert der Verfasser die Reise des Gerätes von Amerika ins Mandatsgebiet Palästina – bis zum Moschaw Nahalal bei Nazareth. Das Motiv des Staubsaugers zieht sich durch das gesamte Buch. Mit Spannung erwartet der Leser Antworten auf die Fragen, warum ihn Großmutter Tonia nicht benutzt hat und was sein weiteres Schicksal war. Zwischen diese Informationen webt Shalev Episoden aus der Zeit der jüdischen Pioniere, der Jugend seiner Mutter in Tonias Haus und seiner eigenen Kindheit.
Der hebräische Titel des Buches lautet: "Die Sache war so". Mit diesem Satz beginnt auch die Erzählung. In der Familie impliziert eine solche Einleitung stets, dass der nun folgende Bericht unverbrüchlich wahr sei. Selbst wenn es unterschiedliche Versionen geben sollte, wie etwa bei der Ankunft des Staubsaugers im Hause der Großmutter.
Ein amüsantes Buch, das die Leser in seinen Bann zieht und selbst bei ernsten Themen Heiterkeit ausstrahlt.
Meir Shalev, Meine russische Großmutter und ihr amerikanischer Staubsauger, Diogenes, 288 Seiten, 20,90 EUR, ISBN 978-3-257-06779-8