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In Nahost wird es ungemütlich

Im Nahen Osten bricht ein neues militärisches Zeitalter aus. Symbolisch steht dafür der Wechsel an der Spitze der israelischen Armee. Benny Gantz, 52 Jahre alter Sohn von Holocaust-Überlebenden, hat das Amt des Generalstabschefs von Gabi Aschkenasi übernommen. An dem Festakt in einem weißen Zelt vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv am Montagmorgen nahmen sogar der amerikanische Oberbefehlshaber Admiral Michael G. Mullen und der amerikanische Botschafter teil.

Der Ernennung von Gantz ging eine politische Schlammschlacht voraus, wie es sie in Israel noch nicht gegeben hatte. Verteidigungsminister Ehud Barak hatte derart gespannte Beziehungen mit Aschkenasi, dass beide kaum miteinander redeten. Die erste Wahl für einen neuen Generalstabschef fiel auf den verdienten General Joav Galant. Doch dessen Nachbarn beschwerten sich in der Presse darüber, dass er widerrechtlich öffentliches Land neben seiner Villa in Beschlag genommen hätte. Bürgerrechtsorganisationen klagten und Galant schied wegen "korrupten Verhaltens" aus.

Fast wäre auch die zweite Wahl des Verteidigungsministers Barak und des Premierministers Benjamin Netanjahu zu einem peinlichen Debakel geworden. Gantz geriet in die Schlagzeilen der Klatschpresse, weil er seinem Heim in Rosch HaAjin ohne Baugenehmigung eine Terrasse angefügt habe, die auf ein "öffentliches Grundstück rausragte". Da Gantz nach Beschwerden die Terrasse jedoch schnell wieder abgerissen hatte, wurde er nicht in die Riege korrupter Politiker und Militärs eingereiht – dazu gehören so illustre Namen wie der des ehemaligen Premierministers Ehud Olmert, Finanzminister Abraham Hirschsohn, Ex-Staatspräsident Mosche Katzav und andere.

Netanjahu äußerte bei dem militärischen Festakt die Hoffnung, dass mit der Ernennung von Gantz nun "Stabilität in einer Periode allgemeiner Instabilität in der ganzen Region" einkehren möge.

Große Herausforderungen

Dem neuen Generalstabschef stehen gewaltige Herausforderungen bevor. Der Sturz des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak endete für Israel glimpflich. Mubarak war 30 Jahre lang der wichtigste Garant für den Friedensvertrag zwischen Israel und dem militärisch mächtigsten arabischen Land. Die neuen Machthaber am Nil versicherten schon in ihrem dritten "offiziellen Bulletin" Israel und den USA, dass Ägypten an allen bestehenden Verträgen und Abkommen festhalten werde. Israel droht also zunächst keine Kriegsgefahr aus dem Westen. Doch die Ruhe trügt, denn laut Erkenntnissen israelischer Militärs scheint Ägypten die Kontrolle auf der Sinaihalbinsel an aufständische Beduinen zu verlieren.

Im entmilitarisierten Sinai haben viele Polizisten ihre Wachttürme entlang der Grenzen zum Gazastreifen und Israel sowie andere Stellungen verlassen, nachdem sie von bewaffneten Beduinen angegriffen worden waren. Während der Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz in Kairo kam es zu schweren Feuergefechten, angeblich auch mit vielen Toten. Darüber wurde kaum berichtet. Wegen dieser Entwicklung erlaubte Israel erstmals seit Unterzeichnung des Friedensvertrages die Verlegung von 800 Soldaten in den Sinai.

Die Sinai-Halbinsel dient als Pufferzone zwischen Ägypten und Israel, doch Waffenschmuggel zur radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen sowie die Präsenz bewaffneter Beduinen, des Internationalen Dschihad und Al-Qaida nahestehender Gruppierungen bereiten neue Sorgen. In den vergangenen Jahren gab es mehrere schwere Terroranschläge in Taba, Dahab und Scharm el-Scheich. Seit Ausbruch der Unruhen in Ägypten wurden alle israelischen Urlauber dringend aufgefordert, umgehend die Strände des Sinai zu verlassen und heimzukehren.

Iran kündigte Kriegsschiffe an

Zusätzliche Gefahr droht vom Iran, dessen Marine-Chef angekündigt hat, iranische Kriegsschiffe zunächst für ein Jahr in das Mittelmeer verlegen zu wollen. Sie sollen in syrischen Häfen anlegen. Für "hochrangige israelische Militärs" wäre das ein "unerträglicher Wandel", heißt es in israelischen Presseberichten. Iranische Kriegsschiffe halten sich schon am Horn von Afrika auf, offiziell um dem Unwesen somalischer Piraten zu begegnen. Doch westliche Geheimdienste wollen beobachtet haben, wie diese Kriegsschiffe den  Waffenschmuggel zu Aufständischen im Jemen, nach Sudan, zur Hamas im Gazastreifen und sogar zur Hisbollah im Libanon begleiten und absichern.

Problematisch ist auch der Ruf des machtvollen ägyptischen Klerikers, Großscheich Ahmed al-Tajeb, den Grenzübergang in Rafah zum Gazastreifen auch für Waren- und Autoverkehr zu öffnen. Sollte die ägyptische Militärjunta dem nachgeben, würde das den Waffenschmuggel zur Hamas und zu den aufständischen Beduinen im Sinai erleichtern.

Ein Wandel mit ungewissem Ausgang vollzieht sich auch vor Israels Haustür. Die Regierung des Salam Fajad der palästinensischen Autonomiebehörde ist zurückgetreten, angeblich, um dem innenpolitisch durch kompromittierende Veröffentlichungen des TV-Senders "Al-Dschasira" schwer angeschlagenen Präsident Mahmoud Abbas den Weg freizumachen, damit er weitere getreue Fatah-Leute zu Ministern ernennen kann. Und im Gazastreifen bejubelt die Hamas weiterhin den Sturz Mubaraks, in der Hoffnung, dass die Moslembrüder, die geistigen Väter der Hamas, Ägypten in das islamistische Lager ziehen mögen.

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