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Skeptisch hoffnungsvoll

Schlomo Avineri ist skeptisch - nicht weil er grundsätzlich gegen ein Abkommen mit den Palästinensern wäre, sondern weil er die Realität sieht. Er gehört zu denen, die Verhandlungen mit der PLO befürwortet haben, als das noch ein Tabu in der israelischen Gesellschaft war.

An einem Punkt zumindest ist der Politikprofessor, der unter Jitzhak Rabin als Generaldirektor das israelische Außenministerium geleitet hat, ganz undiplomatisch: „Ich denke, es sollte nicht einen einzigen jüdischen Siedler im Westjordanland geben. Dass die dort sind, ist moralisch falsch, diplomatisch falsch und politisch falsch!“

Siebzehn Jahre israelisch-palästinensische Verhandlungen sieht Avineri keineswegs als verlorene Zeit. Allen Beteiligten ist heute klar, worum es geht. Allerdings sei auch zu bedenken, warum zwei Jahre intensiver Gespräche zwischen Ehud Olmert und Abu Masen kein Ergebnis gezeitigt hätten – obwohl sich beide Seiten so nah waren, wie sie das in absehbarer Zeit wohl nicht mehr sein würden. Und obwohl beide Seiten innenpolitisch davon profitiert hätten.

Es geht um Grenzen, Siedlungen, Jerusalem, Sicherheit und Flüchtlinge. Doch in all diesen Fragen sind die Gräben zwischen Israelis und Palästinensern so tief, dass die größtmöglichen Zugeständnisse auf Seiten Israels unerreichbar weit von der moderatesten palästinensischen Einstellung entfernt liegen. Der Politikprofessor war 1979 maßgeblich an den ägyptisch-israelischen Verhandlungen beteiligt. Nach dem Fall des Kommunismus engagierte er sich in Projekten zu Förderung der Demokratisierung in Ungarn, der Tschechoslowakei, Estland, Kroatien, Rumänien, Serbien, dem Kosovo, Georgien und Aserbaidschan.

Er will die Problematik verdeutlichen: „Eine Grenzziehung entsprechend den Waffenstillstandslinien von vor 1967, wie das palästinensischen Forderungen und europäischen Vorstellungen entspräche, würde bedeuten, dass Israel eine halbe Million Menschen umsiedeln müsste, sieben Prozent seiner Bevölkerung! Im besten Fall wird das Jahre brauchen – wenn es überhaupt möglich ist.“ Auf keinen Fall wird das ein Stück Papier zustande bringen, und auch nicht der gute Willen eines amerikanischen Präsidenten: „Ich kann mir momentan kein Rahmenabkommen vorstellen, das für eine israelische Regierung und die Palästinensische Autonomiebehörde annehmbar wäre.“

Trotzdem ist Avineri nicht pessimistisch. Verhandlungen sind seiner Meinung nach nicht vergeblich. Auch wenn sie kein Abkommen erreichen, helfen sie, die andere Seite zu entdämonisieren. „Sehen Sie Zypern. Dort verhandeln Griechen und Türken seit fast 40 Jahren und haben noch immer kein Abkommen erreicht“, erinnert der Professor an einen Konflikt, in dem auf der einen Seite die NATO, auf der anderen Seite die EU steht. „Aber die Atmosphäre heute ist eine ganz andere, als vor 40 Jahren, weil die Leute miteinander reden, weil sie einander kennen und um die Schmerzgrenzen des anderen wissen.“ „Die Alternative ist niemals ganz scharf zwischen Krieg und Frieden. Es gibt sehr viel dazwischen“, weiß Avineri, und: „Man kann viel unter dem Radar tun, auch ohne eine politische Lösung. Geben Sie mir fünf Jahre Zypern, in denen nicht geschossen und niemand getötet wird. Vielleicht schafft das eine Atmosphäre, in der sich heute festgefahrene Positionen bewegen können.“

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