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Fußball-WM: Jeder dritte Israeli für Deutschland

JERUSALEM (inn) - Die deutsche Fußballnationalelf war in Israel bislang nicht unbedingt beliebt. Nach der bisherigen souveränen Leistung bei dieser Weltmeisterschaft wünschen jedoch mehr als 30 Prozent der israelischem Männer dem jungen Team um Trainer Joachim Löw den Sieg. Das geht aus einer am Sonntag durchgeführten Umfrage des Instituts "Dahaf" hervor.

Demnach wünschten sich die meisten Israelis (27,7 Prozent) die Niederlande als Weltmeister. Von den Männern waren es 31,1 Prozent. Mit nur wenig Abstand folgte bereits an zweiter Stelle das deutsche Team – 25,1 Prozent der Teilnehmer hofften auf einen Sieg der deutschen Mannschaft. Bei den männlichen Befragten lag diese Zahl bei 30,5 Prozent.

Rund 23 Prozent der Befragten hofften auf den Titel für Spanien. Nur 8,1 Prozent der Israelis unterstützten die Mannschaft aus Uruguay.

Die israelische Unterstützung für die deutsche Nationalelf ist ungewohnt. „Mein Onkel wurde 1947 geboren und sagt, er könnte niemals ein Team wie Deutschland unterstützen, auch wenn es nur um Fußball geht“, sagte Ariel Melamud, ein Fan der deutschen Mannschaft, gegenüber der Tageszeitung „Jediot Aharonot“. „Es gibt immer eine Assoziation mit dem, was während des Holocaust passiert ist, aber lasst uns nicht vergessen, dass es nur Fußball ist. Trotz der ganzen Geschichte, die sicherlich schwierig ist, glaube ich nicht, dass sie die Meisterschaft selbst beeinflussen sollte“, so Melamud weiter.

Laut dem Bericht hoffen auch viele israelische Araber auf einen Sieg für das deutsche Team. „Die Mannschaft ist die beliebteste in unserem Sektor. Ich kann nicht erklären, warum gerade Deutschland. Es gibt keinen speziellen Grund und es ist bestimmt nicht wegen der Vergangenheit, sondern einfach, weil sie die Art Fußball spielen, die wir mögen“, sagte ein arabischer Fan aus Nazareth gegenüber „Jediot Aharonot“.

Aber es gibt auch andere Stimmen aus dem jüdischen Staat. Ein Holocaust-Überlebender sagte der Zeitung: „Wir haben nicht das durchgemacht, was wir durchgemacht haben, damit es heute Menschen in diesem Land gibt, die Deutschland unterstützen, so als ob nichts geschehen sei. Gibt es keine anderen Mannschaften auf dieser Welt? Können sie nicht die englische unterstützen? Die spanische? Jetzt unterstützen sie die Deutschen, morgen werden sie den Holocaust vergessen und einen Tag später, wenn es – Gott bewahre – wieder passiert, werden wir sehen, wie sie sich erinnern, wenn es zu spät ist.“

Vor Beginn der Weltmeisterschaft hatte die Mehrheit der Israelis noch auf einen Sieg der Argentinier getippt. Für die Männer war damals allerdings Brasilien der Favorit.

An der repräsentativen Umfrage nahmen 500 Israelis teil.

„Charme liegt in der kulturellen Vielfalt“

Eine mögliche Erklärung für den Jubel aus Israel lieferte der Kolumnist der Tageszeitung „Ha´aretz“, Jossi Sarid, in einem Gastkommentar für die „Frankfurter Rundschau“. Darin schrieb der frühere Umwelt- und Bildungsminister: „Der Charme der deutschen Mannschaft liegt in ihrer ethnischen und kulturellen Vielfalt. Sie gibt ihr Kraft. Das Team repräsentiert das deutsche Volk wie auch alle Bewohner Deutschlands. Die feindliche Trennung zwischen beiden ist aufgehoben.“ Laut Sarid ist das deutsche Nationalgefühl verschwunden. „In keiner anderen Nation in der Welt ist die Angst so groß, die Nationalfahne könnte zu weit oben hängen, die Hymne zu laut gespielt werden. Die Deutschen haben mehr Angst vor sich selbst als vor anderen. Das unterscheidet sie von anderen.“

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