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HRW kritisiert Todesstrafe in Palästinensergebieten

Die Hamas soll eine Erklärung zurücknehmen, nach der sie in naher Zukunft die Todesstrafe an mehreren Verurteilten vollstrecken will. Das forderte die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" (HRW) in einer Erklärung vom Dienstag. Sie kritisierte zudem den Ablauf der Gerichtsverhandlungen.

„Die Todesstrafe, die im Gazastreifen durch Erschießen oder Erhängen vollstreckt würde, ist von Natur aus grausam und unmenschlich, und die von den Militärgerichten der Hamas verhängten Todesstrafen verletzen die Maßstäbe einer fairen Gerichtsverhandlung“, so HRW.

Laut der Erklärung seien von der Todesstrafe meistens Anhänger der rivalisierenden Fatah-Bewegung betroffen, oder Palästinenser, die von einem Hamas-Militärgericht für schuldig befunden wurden, mit Israel zu kollaborieren. Am 24. März 2010 hatte der Innenminister der Hamas-Regierung, Fathi Hammad, erklärt, die Behörden würden die Todesstrafe in naher Zukunft vollstrecken, die „Agenten für Israel“ auferlegt wurde – „ungeachtet der Position von Menschenrechtsgruppen, die diese Art von Strafen ablehnen“.

HRW zufolge wurden im vergangenen Jahr und Anfang dieses Jahres 16 Menschen von Militärgerichten der Hamas zum Tode verurteilt. Ein weiterer Mann hatte von einem Zivilgericht die Todesstrafe erhalten. Acht von ihnen sollen wegen Verrats getötet werden.

Nach palästinensischem Recht muss der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) die verhängte Todesstrafe bestätigen, bevor sie ausgeführt werden darf. Die mit der PA zerstrittene Hamas-Regierung hatte im Mai vergangenen Jahres angekündigt, ein Komitee im eigenen Justizministerium einzurichten, welches Todesstrafen bestätigen soll.

Der Generalstaatsanwalt der Hamas, Mohammed Abed, hat laut HRW Ende März seine Organisation dazu aufgerufen, die von den Gerichten verhängten Todesstrafen zu vollstrecken – auch wenn diese nicht vor Ablauf der offiziellen Amtszeit des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas von diesem bestätigt worden waren. Abbas‘ offizielle Amtszeit endete im Januar 2009. Die Palästinenserführung im Westjordanland hatte diese jedoch bis zu Neuwahlen im kommenden Juni verlängert. Die Hamas erkennt dies allerdings nicht an.

„Kein internationaler Standard bei Gerichtsverhandlungen“

In vielen Fällen sei die Todesstrafe aufgrund von Gesetzen und Gerichtsverhandlungen verhängt worden, die nicht ein Minimum des internationalen Standards erreichten, kritisiert HRW. Als Beispiel nennt sie den Fall des zum Tode verurteilten Mohammed Ismail. Gegen diesen sei Ende 2009 wegen Verrats die Todesstrafe verhängt worden, teilweise aufgrund des Geständnisses des Beschuldigten. Allerdings hätten Beweise vorgelegen, laut denen die Hamas-Sicherheitskräfte das Geständnis durch Folter erzwungen hätten.

HRW zeigte sich zudem über die gezielte Verhängung der Todesstrafe gegen politische Gegner besorgt. So seien im April und im Mai 2009 einmal vier und dann drei Fatah-Mitglieder zum Tode verurteilt wurden. Sie sollen im Jahr 2006 einen Hamas-Geistlichen und im Jahr 2007 einen Journalisten einer Hamas-freundlichen Zeitung getötet haben. Allerdings seien HRW keine Fälle bekannt, in denen Hamas-Mitglieder für Morde an Fatah-Anhängern verurteilt wurden. Allerdings habe sie allein während und nach Israels Militäroffensive „Gegossenes Blei“ im Dezember 2008 und im Januar 2009 32 Fälle dokumentiert, in denen maskierte Hamas-Anhänger außergerichtlich angebliche Kollaborateure ermordet hätten.

Die Menschenrechtsorganisation wies darauf hin, dass Militärgerichte nur für militärisches Personal zuständig seien. Von den 16 Personen, die im vergangenen Jahr zum Tode verurteilt wurden, seien fünf jedoch Zivilisten gewesen.

„Ungenaue Formulierungen im Strafgesetzbuch“

HRW übte zudem Kritik an dem palästinensischen Gesetz, das die Todesstrafe erlaubt. Laut internationalem Recht dürfe diese Strafe nur bei schwersten Verbrechen verhängt werden. In den Palästinensergebieten dürfe die Todesstrafe hingegen für 42 verschiedene Vergehen auferlegt werden. Einige von ihnen seien weit entfernt von „schwersten Verbrechen“. Einige Vergehen seien zudem zu ungenau formuliert. Als Beispiel nennt HRW Artikel 165 des palästinensischen Strafgesetzbuches. Dort werde die Todesstrafe gefordert für Verbrechen, die „Menschen aufhetzen“ und die „der Ehre oder dem Ansehen der palästinensischen Revolution schaden“.

Dem Bericht zufolge hat die Hamas keine gerichtlich verhängte Todesstrafe seit ihrem Wahlsieg 2006 mehr vollstreckt. Die letzte Hinrichtung im Gazastreifen erfolgte demnach im Jahr 2005. Damals hängte die Fatah-Partei vier Männer und ließ einen weiteren erschießen, wegen Mordes.

„Hamas und PA unternehmen nichts gegen Folter“

Die PA im Westjordanland hat laut HRW im vergangenen Jahr gegen drei Männer die Todesstrafe verhängt. Die Urteile wurden jedoch noch nicht vollstreckt. 2009 starben zudem drei Hamas-Mitglieder in Gefängnissen der PA an den Folgen schwerer Folter. Die PA habe die verantwortlichen Sicherheitskräfte bislang jedoch nicht bestraft. Weder die PA noch die Hamas hätten ihre Sicherheitskräfte wegen Folter bislang verurteilt, obwohl bereits verschiedene Menschenrechtsorganisationen diese Praxis beklagt hätten.

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