Mesusot verbreiten Schweinegrippe

JERUSALEM (inn) - Mehrmals täglich folgt ein strenggläubiger Jude einem alten Brauch: er berührt mit der Hand die Mesusa, ein Kästchen, das an fast jeder Haustür montiert ist, und küsst daraufhin die Finger. So ist es möglich, dass sich der Erreger der Schweinegrippe in Israel im Nu verbreitet, warnen Ärzte.

Wie der Israel-Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“ berichtet, spricht das israelische Gesundheitsministerium von mittlerweile 2.150 Personen, die sich mit dem Schweinegrippevirus infiziert haben. Und der durch den H1N1-Erreger ausgelöste Infekt hat bereits zehn Menschen getötet. Das Virus breite sich mit „rasanter Geschwindigkeit“ aus, warnt das Ministerium.

Ein Grund dafür könnte ein alter Brauch unter religiösen Juden sein. An jeder Haustür in Israel und an allen Eingängen von öffentlichen Häusern und Geschäften befindet sich am Türrahmen eine Kapsel, in der der biblische Text des „Schma Jisrael“ liegt. Der Brauch geht unter anderem auf die entsprechende Bibelstelle aus 5. Mose 6 zurück, wo es heißt: „Du sollst (Gottes Worte) auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore schreiben „.

Die Untersuchung eines israelischen Krankenhausarztes hat vor kurzem aufgedeckt, dass die Kapseln Bakterien und Viren verbreiten. Auf ihnen fand man Koli-, Klebsiella- und Staphylokokken-Bakterien, die unter anderem Lungenentzündungen und schwere Unterleibsentzündungen hervorrufen können, so die Zeitung. Ilan Jungster von der Assaf Harofeh-Klinik, der rund 70 öffentliche Mesusot hat untersuchen lassen, warnt daher, dass die täglich tausendfach berührten Schriftkapseln auch zur Ausbreitung des Schweinegrippe-Erregers beitrügen. Aus religiösen Gründen könnten die Mesusot zudem nicht desinfiziert werden. Ärzte empfehlen, dass die Berührung nur noch angedeutet wird.

Israels sephardischer Oberrabbiner Schlomo Amar erklärte, die Mesusot sollten weiter geküsst werden, solange kein Regierungsdekret erlassen werde. Er vertraue auf Gott. Amar hatte im Mai die jüdischen Gemeinden weltweit dazu aufgerufen, gegen die Schweinegrippe zu beten und zu fasten.

Anfang August bestiegen rund 50 streng religiöse Rabbiner und Kabbalisten ein Passagierflugzeug der Fluggesellschaft „Arkia“ und flogen rund eine halbe Stunde lang über Israel. An Bord sangen und beteten sie und bliesen sieben Mal das Schofarhorn. „Durch die Nähe zu Gott“, erklärte der Rabbiner David Batzri nach der Landung, sollten weitere Tote durch die Schweinegrippe verhindert werden.

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