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Generalmajor Doron Almog: „Israel muss mit der Hamas reden!“

In England und Spanien wird er als Kriegsverbrecher gerichtlich verfolgt. Im Januar 2002 hat er die Zerstörung von 59 Häusern befohlen, als Vergeltung für den Tod israelischer Soldaten. Aber er vertritt die Ansicht, Israel müsse mit der Hamas reden: 1951 als Doron Avrotzky geboren, nennt er sich heute Doron Almog, ist Generalmajor der Reserve der israelischen Armee und Doktorand an der US-amerikanischen Harvard-Universität. Seine Gedanken sind aus westlicher Sicht ganz bestimmt unorthodox. In Israel gewinnen sie einen immer breiteren Raum.

Wenn Almog über das redet, was sein Denken und Handeln motiviert, steht der Staat Israel an oberster Stelle: „Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten, der einzige jüdische Staat weltweit. Wir haben eine besondere Verantwortung, diesen Staat zu schützen.“ Dafür hat er sein Leben lang gearbeitet. Lange bevor er im Jahr 2000 Kommandeur des Südabschnitts der israelischen Armee wurde, gehörte Almog zu den Legenden der Geschichte des modernen Staates Israel. Nach dem Olympia-Massaker in München 1972 verfolgte er die dafür verantwortlichen Terroristen. Vier Jahre danach war er der erste Offizier, der auf dem Flughafen im ugandischen Entebbe landete und die Landebahn für die nachfolgenden israelischen Flugzeuge markierte. Mitte der 1980er Jahre beteiligte er sich maßgeblich an der „Operation Moses“: eine Luftbrücke brachte 7.000 Juden aus Äthiopien nach Israel.

„Palästinenser sehen sich nicht als Volk“

Doron Almog ist Praktiker und wenn er redet, spricht er viel von Erfahrung: „Vergessen Sie, was Präsident Obama denkt. Viel wichtiger ist, was die Palästinenser denken – und die sehen sich momentan weder als ein Volk, noch sehen sie in einem Staat die Lösung ihrer Probleme.“ Der israelische Reserve-General bürstet mit seinen Aussagen Journalisten und Diplomaten gegen den Strich ihrer Auffassungen und betont: „Jeder Versuch, eine Marionettenregierung einzurichten, ist gescheitert. Die Palästinenser müssen sich entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Das kann ihnen niemand abnehmen.“ Als Grundlage ist ihm wichtig: „Wir müssen ein Ende der utopischen Slogans finden.“

Doch wie soll es dann weitergehen? Israel hat mit der Operation „Gegossenes Blei“ zum Jahreswechsel 2008/2009 seine Ziele nicht erreicht: Weiterhin fallen Raketen auf Südisrael. Die Hamas rüstet durch massiven Waffenschmuggel weiter auf. Und der entführte israelische Soldat Gilad Schalit ist immer noch nicht frei. Aber Almog verbreitet keinen Pessimismus. Er sieht einen Weg aus der Misere. Nichtisraelische Terrorexperten sind der Ansicht, einen Terroristen könne man nur töten, besonders wenn er erklärtermaßen seinen eigenen Tod zum Ziel hat. Dem hält Doron Almog entgegen – und wird nicht müde zu betonen: „Die Führer in Gaza haben viel zu verlieren!“

Als Militärexperte kritisiert er an seiner Regierung, dass sie die verantwortlichen Hamasführer nicht gezielter ins Visier genommen hat. Nein, er will sie nicht unbedingt töten. Vielmehr sollte ihre strategische Vermögensmasse getroffen werden: das Geld, die Verbindungen, die Infrastruktur „der Führungspersönlichkeiten, nicht des einfachen Volkes“, betont Almog. Und dann erwähnt er am Rande des Gesprächs die schweren Schicksalsschläge, die sein eigenes Leben geprägt haben: Der Tod des Bruders 1973 im Jom-Kippur-Krieg. Dreißig Jahre danach, im Oktober 2003, fielen fünf Mitglieder der Almog-Familie dem Selbstmordanschlag auf das Restaurant „Maxim“ in Haifa zum Opfer. Und 2007 starb sein 23-jähriger Sohn Eran im Alter von 23 Jahren. Eran Almog hatte bei der Geburt einen Gehirnschaden erlitten und war Autist. Doron Almog weiß, dass auch harte Militärs menschlich verletzlich sind.

Der Harvard-Doktorand hat mehrere wissenschaftliche Abhandlungen über „sein“ Thema, die „akkumulierte Abschreckung“ geschrieben. Er macht sich keine Illusionen: Die radikal-islamische Hamas wird die Existenz Israels niemals anerkennen. Aber „damit können wir zurechtkommen“, meint Almog. Den Anstrengungen der gegenwärtigen Regierung, die Anerkennung eines jüdischen Staates Israel zu erreichen, bringt er wenig Respekt entgegen. Nur „die Gewaltanwendung gegen Juden muss aufhören. Der tägliche Raketenbeschuss des südlichen Israel ist nicht hinnehmbar“. „Akkumulierte Abschreckung“, „eine Bank von militärischen Siegen“, die man über längere Zeiträume hinweg aufbauen muss, soll abhelfen.

An Beziehungen zu Ägypten und Syrien orientieren

Ein Rückblick auf die Beziehungen zu Ägypten und Syrien haben Doron Almog gelehrt, dass die gezielte Anwendung von massiver Gewalt entscheidend ist. Aufgrund einer Reihe von verlorenen Kriegen haben Ägypten und Syrien im Laufe eines Zeitraums von 40 Jahren ihre strategischen Zielsetzungen verändert: Ägypten entschloss sich zu einem Friedensvertrag. Mit den Syrern unterhält Israel einen langfristigen Waffenstillstand. „Möglicherweise träumen beide noch von der Zerstörung des Staates Israel“, kann sich Almog vorstellen. Entscheidend ist für ihn aber: „Sie reden nicht mehr davon!“

Und dann erzählt der israelische Reservegeneral, wie er Selbstmordanschläge durch die massive Bedrohung der Familien potentieller Attentäter verhindern konnte. Die bedingungslose Kapitulation, wie sie etwa die Alliierten im Zweiten Weltkrieg von Nazideutschland erzwungen haben, ist aus der Sicht von Doron Almog im Blick auf die Palästinenser allerdings keine Option. „Letztlich wollen wir mit unseren Nachbarn zusammenleben“, erklärt der von Menschenrechtsorganisationen als „Kriegsverbrecher“ Gebrandmarkte.

Deshalb ist es aus seiner Sicht auch ein Fehler, dass die israelische Regierung nicht direkt mit der Hamas verhandelt: „Wir wollen einen langfristigen Waffenstillstand.“ Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt er die Anwendung massiver Gewalt gegen die Hamasführung vor. „Jeder Gewaltakt gegen Israel muss ein casus belli, ein Kriegsgrund sein.“ Und dann führt er als Beispiel das Vorgehen des Mose beim Auszug aus Ägypten an – die Geburt des Volkes Israel. Mose begegnete den Ägyptern mit harter Gewaltanwendung, die aber immer wieder von Gesprächsbereitschaft unterbrochen wurde, damit die andere Seite versteht, so Almog: „Die Zerstörung auf eurer Seite wird immer schlimmer werden, je länger ihr Euch weigert, die Gewalt einzustellen.“

Durch eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche sieht Doron Almog die Möglichkeit einer pragmatischen Koexistenz. „Wir müssen die andere Seite so behandeln, dass es für beide Seiten ein Ziel wird, ruhig nebeneinander zu leben – auch wenn man sich theoretisch gegenseitig nicht anerkennen sollte“, erklärt der General und betont: „Ich bin nicht naiv. Ich habe lange Zeit mit den Palästinensern gelebt. Wenn es um den Waffenschmuggel geht, wird die Unterzeichnung eines Abkommens nichts bringen. Wir müssen an der Philadelphi-Linie ein neues Regime einführen.“ Die Philadelphi-Linie ist die Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten.

Doron Almog ist überzeugt, dass sich der 14 Kilometer lange Grenzstreifen zwischen Ägypten und dem Gazastreifen hermetisch abriegeln lassen wird. „Ich bin ein Mann von 100-prozentigen Erfolgen“, protzt er ohne jede Scham. „Es ist möglich, den Schmuggel durch den massiven Einsatz neuester Technologie, die Einrichtung eines Niemandslandes von zwei Kilometern Breite und eine intensive Kooperation mit den Ägyptern zu unterbinden.“

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