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Vor 35 Jahren begann der Jom-Kippur-Krieg

Am Mittwochabend beginnt in Israel der Versöhnungstag "Jom Kippur". An diesem Feiertag brach vor 35 Jahren, am 6. Oktober 1973, überraschend der Krieg aus, den Israelis als "Jom-Kippur-Krieg" und Araber als "Oktober-Krieg" bezeichnen. Ägypten und Syrien griffen gleichzeitig um 14 Uhr israelische Stellungen entlang des Suezkanals und auf den Golanhöhen an. Geschätzte 10.000 Ägypter starben, während die Israelis knapp 3.000 Soldaten verloren. Nach der Kuba- und Berlinkrise wäre es zum dritten Mal fast zu einem atomaren Schlag zwischen den USA und der UdSSR gekommen. Der Krieg war aber auch der Ausgangspunkt zum Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel.

Der amerikanische Geheimdienst CIA veröffentlichte jüngst 775 Dokumente des damaligen amerikanischen Botschafters in Teheran und späteren CIA-Chefs Richard Helms. Schon am 6. April 1973, sechs Monate vor Ausbruch des Krieges, wurde Botschafter Helms in Teheran über den ägyptischen Außenminister Mohammed Hassan Sajjat informiert, dass Präsident Anwar el-Sadat von seiner Armee und den Moslembrüdern „bedrängt“ werde. Sadat rechne jederzeit mit einem Umsturz.

Da die USA seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 keine Botschaft in Kairo unterhielten, diente der Schah von Persien als Mittler. Helms funkte folgende geheime Botschaft an den Sicherheitsberater des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon, Henry Kissinger: „Der Schah spürte in Sajjats Haltung einen fast unwiderstehlichen inneren Druck in Ägypten, die Feindseligkeiten gegen Israel zu erneuern.“ Doch der Schah habe den Ägyptern erklärt, dass es „Selbstmord“ sei, eine „frontale Attacke“ auf die Israelis zu versuchen. In einem „top secret, nur für die Augen“-Schreiben antwortete Kissinger: „Ich habe keinen Grund zu glauben, dass eine neue Kriegsrunde zu Verhandlungen führen könnte. Wir brauchen ein minimales glaubwürdiges Argument von Sadat, dass er Frieden und realistisch verhandeln will.“

Wie Kissinger schon in seinen 1982 veröffentlichen Memoiren schrieb, war genau das die tragische Fehleinschätzung der Amerikaner und der Israelis: Alle wussten, dass die arabischen Armeen nicht stark genug wären, um Israel zu besiegen. Deshalb konnten sie sich nicht vorstellen, dass die Ägypter im vollen Bewusstsein ihrer bevorstehenden Niederlage Israel angreifen würden. Gemäß der späteren Analyse von Kissinger verfolgte Sadat jedoch das „diplomatische Ziel“, durch diesen „Kriegsschock“ den seit 1967 gedemütigten Arabern und siegesgewissen Israelis zu mehr Flexibilität zu verhelfen.

„Jordanien als palästinensische Heimstatt“

Aus den Helms-Papieren geht hervor, dass die Jordanier im Juli 1973 die Amerikaner über konkrete Angriffspläne der Syrer auf den Golanhöhen informierten und sich „um das eigene Territorium sorgten“. Die Jordanier ahnten jedoch nicht, dass Jasser Arafats PLO ausgerechnet über Ali Hassan Salameh mit dem amerikanischen Geheimdienstchef in Beirut, Robert Ames, Kontakt aufgenommen hatte. Salameh war der Drahtzieher des Massakers bei den olympischen Spielen in München 1972. Bei der PLO habe es ein „Umdenken“ gegeben. Sie sei bereit, Israel als Tatsache zu betrachten und hielt Jordanien für „die Heimat der Palästinenser“. Helms formulierte nach Gesprächen mit der PLO: „Die Palästinenser brauchen ein Heim und das Heim ist Jordanien.“ Gemäß seinem Bericht an Kissinger vom 18. Juli 1973 hätte Arafat die Zustimmung sogar schon „aller arabischen Staaten und Saudi-Arabiens im Prinzip”, das Haschemitische Königreich durch eine palästinensische Republik zu ersetzen. Jordanien werde zum Hauptziel der Freischärler, während „Terrorakte gegen Israel zur Aufrechterhaltung der Glaubwürdigkeit der (PLO-)Bewegung dienen sollten“.

Für den Fall eines libanesischen Angriffs auf Flüchtlingslager im Libanon drohte Arafat damals mit „Bomben und Brandleger-Truppen in Beirut, um die Stadt zu verbrennen“.

Die CIA-Papiere enthalten das erste amerikanische Dokument, das jemals der PLO übergeben wurde: „Eine friedliche Beilegung des arabisch-israelischen Problems muss die vernünftigen Interessen aller Völker dieser Region berücksichtigen, inklusive der beiden Völker in den existierenden Staaten (Jordanien und Israel) und der Palästinenser… Die Absicht, bestehende Regierungen mit Gewalt zu stürzen, dürfte kein vielversprechender Weg sein.“

Dieser erste amerikanisch-palästinensische Gedankenaustausch, nur zwei Monate vor Ausbruch des Jom-Kippur-Krieges, fand zwei Jahre nach dem „Schwarzen September“ statt, als Arafat gegen den jordanischen König Hussein putschte und aus Jordanien herausgeworfen worden war – und nur drei Jahre vor Ausbruch des Bürgerkriegs im Libanon, wo tatsächlich PLO-Kämpfer dazu beitrugen, die Hauptstadt des Libanon zu „verbrennen“.

Arabische Absichtserklärungen ernst nehmen

Die Dokumente sind ein beklemmendes Zeugnis für die Unfähigkeit des rationalen Westens (und Israels), arabische Absichtserklärungen ernst zu nehmen und die arabische Bereitschaft zu verstehen, sich selber ins Unglück zu stürzen. Am 6. Oktober 1981 wurde Anwar el-Sadat bei einer „Siegesparade“ von jenen Moslembrüdern ermordet, die ihn 1973 zum Krieg gegen Israel „gedrängt“ hatten.

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