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„Zipi gegen Bibi“ und „Tschach-Tschach“

Das Ringen um den künftigen Vorsitz der von Ariel Scharon gegründeten "Kadima" (Vorwärtspartei) nimmt unschöne Formen an. Ein namenloser Berater der Favoritin, Außenministerin Zipi Livni, bezeichnete den Hauptkonkurrenten, den ehemaligen Generalstabschef und heutigen Verkehrsminister Schaul Mofas, als "Tschach-tschach". Der im Iran geborene Mofas behauptete, dass er in seiner ganzen Laufbahn niemals mit diesem beleidigenden Schimpfwort bedacht worden sei.

„Tschach-tschach“ ahmt die nuschelnde Redeweise der Marokkaner nach. Ein israelischer Komödiant, Dudu Topas, hatte dieses verächtliche Wort 1981 bei einer Wahlkampfveranstaltung der Arbeitspartei in Tel Aviv ausgesprochen. Er verursachte eine Welle der Empörung, die letztlich Menachem Begin vom rechtsgerichteten Likudblock den Wahlsieg über den damaligen Favoriten Schimon Peres bescherte. „Unerhört, dass Livnis Leute wieder den Geist ethnischer Verachtung aus der Flasche holen“, wetterte Mofas. Er versuchte, so zu punkten und den geringen Vorsprung Livnis weiter zu verringern.

Die Umfragen unter den rund 75.000 wahlberechtigten Parteimitgliedern von Kadima prophezeien ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Hauptkandidaten, während Polizeiminister Avi Dichter und Justizminister Meir Schitrit weit zurückliegen. Doch die Umfrageinstitute gestehen, nicht wirklich zu wissen, wie die Wahl am Donnerstag ausgehen wird. Denn die Partei ist zu neu und ihre Mitglieder seien zu unbekannt, um einigermaßen zuverlässige Ergebnisse vorherzusagen.

Livni sieht Chance gegen Netanjahu

Am Donnerstag also wird sich vielleicht entscheiden, wer die Nachfolge von Ehud Olmert als Parteichef und später vielleicht auch als Premierminister antreten könnte. Mofas betont seine militärische Erfahrung in Zeiten sicherheitspolitischer Herausforderungen durch Iran, Hisbollah und Hamas. Seiner Gegnerin hält er vor, von diesen wirklich wichtigen Dingen nichts zu verstehen. Zipi Livni hingegen setzt auf ihre langjährige Erfahrung in der Politik, auf ihr diplomatisches Geschick und die innerisraelische Gemengelage. Und mit Blick auf bevorstehende Neuwahlen zum Parlament lautet ihr Schlachtruf deshalb schon heute „Zipi gegen Bibi“. Gemeint ist der Likudchef und rechtsgerichtete ehemalige Premierminister Benjamin Netanjahu. Nur sie und keinesfalls der nicht sonderlich populäre Schaul Mofas könne Netanjahu die Stirn bieten und Israel vor einer erneuten Revisionisten-Regierung retten.

Der angesehene Politologe Schlomo Avineri räumt Mofas bessere Chancen ein, wegen des von Amerika übernommenen und für die israelischen Verhältnisse nicht adaptierten Systems der „Primaries“ bei den großen Parteien. Wer gewinnen will, müsse bis zu 500 Familienfeiern, Beschneidungen und Hochzeiten im Jahr besuchen, tausende Hände schütteln und leutselig sein, um die Herzen der Familienclans für sich zu gewinnen. Die eher hölzern wirkende Rechtsanwältin mit polnischen Wurzeln, Livni, sei darin weit weniger geübt als der im Orient verwurzelte Mofas.

Olmert kündigte Rücktritt an

Sowie der neue Parteichef feststeht, will Olmert vom Amt des Premierministers zurücktreten, obgleich bisher nur Verdacht auf Korruption gegen ihn besteht und ihn deshalb niemand dazu zwingen könnte. Die Staatsanwaltschaft hat noch nicht beschlossen, ob das von der Polizei gesammelte Beweismaterial für eine Anklageschrift ausreicht.

Der neue Parteichef, Livni oder Mofas, würde vom Staatspräsidenten mit der Regierungsbildung beauftragt. Ob das bei der heutigen Zusammensetzung des Parlaments, der Knesset, gelingt, wagt niemand vorherzusagen. Andererseits besteht unter den derzeitigen Abgeordneten keine überhöhte Lust, in den Wahlkampf zu ziehen, denn viele von ihnen würden ihre gut dotierten Sitze verlieren. Die Greisenpartei und vielleicht sogar die Kadima-Partei könnten sich in Luft auflösen, während die Arbeitspartei mangels Führungsqualitäten Ehud Baraks intern zerstritten ist und viel Rückhalt in der Bevölkerung verloren hat. Der Sozialist Barak versucht gerade, seine Wohnung im teuersten Hochhaus Tel Avivs für 11 Millionen Dollar zu verkaufen, um durch den Umzug in eine billigere Wohnung mehr Volksnähe zu demonstrieren.

So bleibt Olmert voraussichtlich noch sehr lange als unstürzbarer Übergangspremier im Amt und könnte vielleicht gar die Verhandlungen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas abschließen. Während manche Israelis Olmert vorwerfen, „ohne Mandat“ über folgenreiche Konzessionen zu verhandeln, gilt dieser Vorwurf umso mehr für Abbas, und zwar durch die Hamas. Denn am 26. Januar müssten bei den Palästinensern Neuwahlen stattfinden. Sollte Abbas sie (voraussichtlich) ausfallen lassen, würde er seine Legitimität als demokratisch gewählter Präsident verlieren. Ohnehin weiß niemand, wie der ausgehandelte „Friedensvertrag“ umgesetzt werden könnte, solange die Hamas im Gazastreifen herrscht und die Autonomie-Regierung in Ramallah nicht anerkennt.

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