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Bibel in modernem Hebräisch stößt auf Widerstand

JERUSALEM (inn) - In Israel ist ein Streit um eine moderne Übertragung der Hebräischen Bibel entstanden. Es geht um eine Version für Schulkinder in einer verständlicheren Sprache. Kritiker werfen der Ausgabe vor, die Bibel herabzusetzen.

„Es ist eine reine Marketing-Initiative, die für den niedrigen Bildungsstand gedacht ist“, merkte die Expertin für jüdischen Bibelunterricht, Jaira Amit, an. Die nationale Aufsichtsbeamtin für Biblische Studien im Bildungsministerium, Drora Halevy, sagte, die Übertragung der Bibel in eine „knappe Umgangssprache“ sei „skandalös“.

Laut der Zeitung „Ha´aretz“ befürchten Experten für Bibelunterricht und Hebräische Sprache, dass die Kinder durch die moderne Ausgabe am Lesen der Originalbibel gehindert würden. Die Linguistin Zvia Valdan sagte zudem: „Die Bibel ist das Wörterbuch der hebräischen Sprache. Sie ist die Grundlage von allem. Wenn man sie ohne die ursprünglichen Ausdrücke und Sprachrhythmen liest, wird sie ihre Wirkung und Kraft verlieren.“

„Warum können Kinder heute die Bibel nicht lesen?“

Die Professorin Amit zeigte sich entsetzt darüber, dass israelische Schüler offenbar nicht mehr die Bibel im Originaltext verstehen könnten: „Dies ist ein kolossales Scheitern unseres Bildungssystems, das jeder Beschreibung spottet. Wie kommt es, dass Kinder einst die Bibel lesen konnten? Dass sie Abschnitte auswendig lernen konnten? Es war auch dann hart für sie, aber sie kamen damit zurecht, weil ihnen gesagt wurde, dass es wichtig sei. Religiöse Schulen würden nicht einmal davon träumen, die Bibel zu vereinfachen.“ Wer nicht mit der Sprache der Bibel umgehen könne, werde auch die Werke der hebräischen Dichter Bialik und Tschernichowski aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht verstehen.

Die neue Version erscheint in mehreren Broschüren. Der althebräische Originaltext ist neben der modernen Fassung zu lesen. Der Anfang der Bibel, „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, wurde mit dem verkürzten Satz „Am Anfang schuf Gott die Welt“ wiedergegeben. „Warum muss man den Ausdruck ‚Himmel und Erde‘ verändern?“, fragt Amit.

Halevy geht davon aus, dass durch den Gebrauch der einfacheren Ausgabe biblische Ausdrücke und Redensarten aus der hebräischen Alltagssprache verschwinden werden. Die kärgliche Sprache der Neufassung werde Kinder eher von der Bibel wegziehen, als sie dafür zu interessieren.

Herausgeber: „Kinder sollen Bibel verstehen, ohne zu leiden“

Die Herausgeber sind hingegen vom Nutzen ihrer Version überzeugt. „Dies ist ein wichtiges Projekt, das ein echtes Bedürfnis erfüllt“, sagte der Verleger Rafi Moses. „Die Sprache der Broschüre ist erstklassig. Unsere Kinder haben es verdient, die Bibel zu verstehen, zu lieben und ihre Sprache auszukosten, ohne dabei zu leiden.“ Biblisches Hebräisch sei für israelische Schüler eine Fremdsprache.

Hinter der „Bibel light“ steht der ehemalige Bibellehrer und Schulleiter Avraham Ahuvia. Er war nach eigenen Angaben überrascht, als er zum ersten Mal von dem geplanten Projekt hörte. „Warum sollten wir die Bibel in einer einfachen Sprache neu aufschreiben?“, dachte der 87-Jährige. „Aber nach nochmaliger Überlegung war ich überzeugt, dass wir Lehrer die Bibel in der Klasse bereits mündlich für Schüler übersetzen, die ihre erhabene Sprache nicht verstehen.“ Er akzeptiere es, wenn Kinder nur die vereinfachte Fassung läsen – „aber wenn es keine einfache Version gäbe, würden sie die Bibel lieber mögen?“, so Ahuvia.

Die heutige hebräische Sprache ist ab den 1880er Jahren aus dem biblischen Hebräisch entwickelt worden.

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