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60 Jahre Staat Israel – Besorgte Feiern

Israel ist das einzige Land der Welt, dessen Gründung von der UNO beschlossen wurde. Gleichzeitig aber ist der jüdische Staat auch das einzige Land, dessen Existenzrecht immer in Frage gestellt wurde. Bis dato tun sich die meisten arabischen und islamischen Gesellschaften schwer daran, das Recht des jüdischen Staates zu existieren – ein Recht, für das man auch eintreten müsste, wenn es in Gefahr wäre – anzuerkennen. Der iranische Präsident Mahmud Ahmedinedschad scheut sich nicht einmal, öffentlich zu fordern, dass der Schandfleck Israel von der Landkarte gewischt werden muss.

Insofern erstaunt es nicht, dass drei Viertel aller Israelis davon ausgehen, dass der Staat in den nächsten fünf Jahren mit einem oder mehreren arabischen Staaten in einen größeren Krieg verwickelt wird. Weit weniger als die Hälfte aller israelischen Juden glauben, dass ein Friede mit Syrien oder den Palästinensern möglich wäre. 75 Prozent sprechen sich gegen einen Rückzug von den Golanhöhen aus, auch wenn Syrien dafür zu einem Friedensvertrag bereit wäre. Im Blick auf die Palästinenser sind dagegen 70 Prozent der jüdischen Israelis für eine Zwei-Staaten-Lösung, wobei allerdings 83 Prozent gegen eine Abgabe der Jerusalemer Altstadt an die Palästinenser sind – und an Jerusalem ist im Juli 2000 in Camp David eine Einigung gescheitert.

Die größte Gefahr sieht die israelische Bevölkerung in einem nuklear aufgerüsteten Iran. Dabei gehen israelische Geheimdienste neuesten Medienberichten zufolge davon aus, dass die Ajatollahkratie in Teheran innerhalb eines Jahres die Atombombe bauen könnte. An zweiter Stelle auf der Befürchtungsskala der israelischen Bevölkerung rangiert die mangelnde Vorbereitung der israelischen Armee auf Unvorhergesehenes. Die innerisraelischen Spannungen zwischen Juden und Arabern und die Möglichkeit gewaltsamer Ausschreitungen stehen an dritter Stelle der Gefahrenskala im Bewusstsein der Israelis. Lediglich zwölf Prozent der zum 60. Staatsjubiläum befragten Israelis sehen in einer neu intensivierten Auseinandersetzung mit den Palästinensern die größte Gefahr für Israel.

Übrigens: Auch die Stadt Sderot am Rande des Gazastreifens, die täglich unter Raketenbeschuss leidet, feiert den 60. Jahrestag der Unabhängigkeit des jüdischen Staates. „Das ist unsere Antwort auf den Terror“, meint Bürgermeister Eli Mojal, der bereits mehrfach zurückgetreten, aber immer noch im Amt ist. Die Spannung in der Stadt selbst ist unerträglich und eine Lösung nicht in Sicht. In den Tagen vor den Unabhängigkeitsfeiern hatten Bewohner von Sderot und anderen Ortschaften im nördlichen Negev zum Boykott der Festivitäten aufgerufen, solange die Städte und Dörfer in Raketenreichweite von Gaza keine Ruhe haben.

Die Versicherungen des israelischen Regierungschefs Ehud Olmert, nichts in der Welt könne Israels Existenz unterminieren, sind für Israelis nur wenig relevant. Die meisten feiern sowieso unter Absehung ihrer Regierung. Neuerliche Skandalgerüchte, die gerichtlich mit einer Nachrichtensperre belegt wurden, stellen die Zukunft der Regierung Olmert neu in Frage. Bislang erwies sich die Regierung Olmert allerdings als erstaunlich stabil – was weniger auf die Beliebtheit der Regierenden zurückzuführen ist, als vielmehr auf die allseits spürbare Angst vor der Alternative: Benjamin Netanjahu.

Die Linken fürchten sich vor dem rechtsradikalen „Bibi“, während die Rechten die Sorge hegen, er werde wieder, wie schon einmal, vor den Wahlen viel versprechen, sich dann aber nach der Wahl in der Regierungsverantwortung als „Weichei“ erweisen. Im Rückblick hat Netanjahu mehr Land an die Palästinenser abgegeben, als jeder andere israelische Regierungschef der vergangenen zwei Jahrzehnte. Doch zum Unabhängigkeitstag zeigen sich die Kommentatoren zuversichtlich. „Israel ist stärker als seine Schwächen“, titelt die linksliberale Ha´aretz und meint: „Eine zufällige Regierung, sei sie nun mehr oder weniger korrupt, ist zeitlich begrenzt und ersetzbar, solange die Demokratie funktioniert.“

Der als notorischer Optimist berüchtigte Schimon Peres äußerte sich in einem Interview mit Ha´aretz so ernüchtert wie selten in den vergangenen Jahren. Besonders enttäuscht ist Israels Staatspräsident darüber, dass der Friedensprozess festgefahren ist; dass die Palästinenser Raketen schießen, obwohl Israel den Gazastreifen vollkommen geräumt hat; dass die radikal-islamische Hamas-Bewegung so populär ist im palästinensischen Volk. Und er gibt zu, das alles nicht erwartet zu haben.

Die Ha´aretz-Journalisten beobachten scharf, dass der diplomatisch versierte Peres seine Worte genau wählt. Bislang habe er Ausdrücke wie „Rache“ oder „Vernichtung“ nicht benutzt. Doch in seiner Rede aus Anlass des 65. Jahrestages der Niederschlagung des Aufstands im Warschauer Ghetto bezeichnete der israelische Staatspräsident die Erfolgsstory des Staates Israel nach dem Holocaust als „Rache“ und die beiden Palästinenseraufstände als Versuch, Israel zu „vernichten“. Nicht verzweifelt aber schon deprimiert klingt die Begründung für seinen Stimmungswandel: „Das ist nicht, weil ich Präsident bin, sondern weil Ahmedinedschad Präsident ist. Ich sehe ein Phänomen, das ähnlich ist wie Hitler, und wieder ist die Welt gleichgültig.“

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