Die Stimmung auf dem Safra-Platz vor dem Jerusalemer Rathaus ist gespenstisch. Da steht ein hölzernes Kinderbett mit roter Matratze. Darauf eine zerknüllte Bettdecke und ein lila Kuscheltier, darunter ein paar weiße Schuhe mit offenen Schnürsenkeln, daneben noch ein Bett und noch ein Bett. 230 sind es insgesamt.
Genau so habe es ausgesehen, als die Hamas am Morgen des 7. Oktober den Kibbutz Nir Os überfiel, erklärt Mai Albini. „Wen sie nicht gleich vor Ort umbrachten, haben die Terroristen in den Gazastreifen verschleppt. Auch Frauen, alte Menschen und kleine Kinder. Gut 80 Menschen.“
Die Überlebenden des Kibbutz wurden nach Eilat evakuiert. Doch einfach abwarten, bis ihre Liebsten zurückkommen, können sie nicht. Stattdessen hat die kleine Gemeinde die Betten in Jerusalem aufgestellt. Ein Bett für jede Geisel, die jetzt in einem Tunnel im Gazastreifen übernachten muss.
Hinter der Couch versteckt
„Ich habe schon unzählige Interviews gegeben“, meint der 28-Jährige, „wir alle haben das.“ Doch so sehr sich die Angehörigen der Geiseln über die mediale Aufmerksamkeit freuen, so schwer fällt es ihnen weiterhin, über den Terrorangriff zu sprechen.
Mai Albini etwa vermisst seinen Großvater. „Er hat noch seine Frau hinter der Couch versteckt, mit einer Decke.“ Die Tür zum Sicherheitsraum – in den er sich selbst zurückzog – habe er hingegen offen gelassen. Um die Aufmerksamkeit der Entführer auf sich zu ziehen. „Und jetzt ist er in Gaza.“ Weitere Worte findet Albini nicht.
„Am schlimmsten ist, dass wir nicht wissen, wie es ihnen geht“, ergänzt Dalia. „Ob sie überhaupt noch leben.“ Sie zeigt auf das Plakat der 56-Jährigen Maya Goren. „Am Tag der Entführung hat die Familie um 10:30 Uhr das letzte Lebenszeichen erhalten. Der Vater war zu dem Zeitpunkt schon ermordet. Die vier Kinder sind jetzt allein.“
Dalia trägt ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Bringt sie nach Hause. Jetzt.“. Um ihren Arm trägt sie eine gelbe Schleife. Was hat das zu bedeuten?
Die gelbe Schleife
Vor der Residenz des israelischen Staatspräsidenten Jitzchak Herzog im Stadtviertel Rehavia finden sich viele dieser Schleifen. Demonstranten haben sie sogar an die Zäune um das Grundstück geknotet. „Wir tragen dieses Symbol, bis die Geiseln zurück sind“, erklärt die Organisatorin der täglichen Mahnwache. Die Tradition stamme aus den USA, wo Frauen eine gelbe Schleife tragen, wenn ihre Männer im Krieg gefangen genommen werden.
Auf die Frage nach ihrem Namen und ob sie eine der Geiseln kenne, findet die Frau keine Antwort. Ihre Stimme zittert. Sie nimmt ihre Brille ab, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen.
Eine Freundin springt ein, Ruth Halperin-Kaddari ihr Name. „Wir stehen hier für alle Geiseln, weil wir finden, dass sich die Regierung zu wenig für die Rettung der Geiseln einsetzt“, erklärt sie. Mehr noch: Die spaltende Politik der Netanjahu-Regierung und die Konzentration auf die Justizreform in den vergangenen Monaten hätten dieses Staatsversagen erst möglich gemacht.
Dröhnendes Schweigen
Halperin-Kaddari weiß, wovon sie spricht. Sie ist Jura-Professorin an der Bar-Ilan-Universität in Tel Aviv und eine bekannte Frauenrechtlerin. „Wir fühlen uns einfach von allen Seiten im Stich gelassen. Auch von den vielen Organisationen, die sich für Menschenrechte einsetzten.“ Gerade wenn es um Gewalt gegen Frauen und Vergewaltigungen gehe, meldeten diese sich sonst immer lautstark zu Wort. Doch jetzt, im Falle Israels, höre sie nur dröhnendes Schweigen. Halperin-Kaddari hofft, dass die Regierung auf einen Gefangenenaustausch eingeht, um die Geiseln zu befreien.
Es gibt noch einen Ort in Jerusalem, der die Erinnerung an die Geiseln hochhält. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Auf dem Parkplatz vor der Pais-Arena hat die Stadtverwaltung 230 Scheinwerfer aufgestellt. Neben jedem liegt das Bild einer Geisel. Mit blauen Lichtstrahlen setzen sie den Geiseln ein Denkmal im schwarzen Nachthimmel. Aus zwei Lautsprechern läuft ein Lied in Dauerschleife: „Tell the world I am coming Home.“
„Das sind unsere Brüder“
Viele Familien sind hierhergekommen, darunter Alexandra Benjamin mit ihren drei Kindern. „Meine vierjährigen Töchter begreifen zum Glück noch nicht, was los ist. Aber mein Siebenjähriger stellt viele Fragen.“ Bei jedem Weg durch die Stadt bleibe er an den Suchplakaten für die Hamas-Geiseln stehen und wolle wissen, wer diese Menschen sind.
Gerade deshalb habe sie ihre Kinder zu der Lichtinstallation gebracht. „Ich habe sie immer mit der Aussage erzogen, dass alle Menschen gut sind“, meint die Mutter nachdenklich. „Jetzt muss ich ihnen irgendwie klarmachen, dass es auch sehr sehr böse Menschen gibt.“
Unter den 230 Scheinwerfern befinden sich auch zwei, die an längst verstorbene Soldaten erinnern. Hadar Goldin und Oron Schaul fielen 2014 bei einem Einsatz im Gazastreifen. Seither hält die Hamas ihre Leichen zurück. „Wir selbst kennen niemanden davon“, sagt Benni, auch er ist Familienvater. „Aber das ist auch egal. Das sind Juden, das sind unsere Brüder.“
Valentin Schmid studiert derzeit in Jerusalem.
4 Antworten
In Berlin hängte die Polizei Plakate der Geiseln ab. Angeblich weil ein Impressum auf den Blättern fehlte. Kann Samidoun ja wieder Süßigkeiten verteilen. Liebe Hamas, Deutschlands Polizei steht auf unserer Seite. Das ist die Botschaft dieser abgrundtiefen Dummheit. Die Innensenatorin faselte etwas von Sicherheit und Ordnung. Ja, klar, regt ja die Hamas und ihre Unterstützer nicht auf. Nicht dass sie vor lauter „wir arme Opfer“ noch Straftaten verüben MÜSSEN. Wofür man ja noch Verständnis haben müsste.
Wo ist eigentlich unsre Innenministerin mal wieder abgeblieben?
Liebe Christin, liebe Israelfreunde, nach einem anstrengenden Tag hier in Israel, lese ich Israelnetz.
Danke für gute Kommentare und Gebete.
Für mich ist die BRD Regierung untragbar geworden. Was für Lügen in
IL nach dem Massaker. Die Aussenministerin unehrlich? Hat sie nicht in ihrem Lebenslauf gelogen? SIE wäre Mitglied bei UNRWA? Da kann man nur zahlen, nicht Mitglied werden. Sagt jetzt alles aus. Manchen Menschen sollte man nie glauben. Staatsräson
und Juden schützen in der BRD unwahr.
Siehe Geisel Fotos abhängen. Jüd. Fahnen abgehängt. Politiker, machen sie sich in die Hosen?
Unterwerfung?
OT: Meine Freistellung in der BRD wurde bis Dezember bewilligt. Kollegen* übernehmen.
Sie lesen Israelnetz. Danke. Dankeschön.
Heute tote Soldaten. Wir weinen gemeinsam.
Hamas, Kassam Brigarden opfern weiter Zivilisten. Lassen sie nicht in den Süden.
Doppelpässe heute frei und 300 Kranke aus Gaza.
Bitte betet. Toda raba.
Liebe Grüsse aus Israel.
@ Eddie. Dein Kommentar spricht Wahrheit aus.
Shalom
@Am Israel chai
Deutschland ist noch nicht ganz verloren: die Grünen bereuen alles.
„Ich habe mich geirrt“, sagt Lisa Paus über ihre Unterstützung der BDS-Bewegung.
In El Berlin darf man gerne „Juden ins Gas“ plärren.
Aber bei evt. presserechtlichen Verstössen (Impressums-Pflicht
aus Par. 7 PresseGBerlin), da zeigt Vater Staat seine scharfen
Zähne. Ein Verstoss ist ja immerhin mit der Megastrafe von max. 6
Monaten auf Bewährung geahndet (Par. 20, aa0). Und ahnt noch
nicht einmal, dass er auch die überschaubaren Reste Berliner
Reputation ruiniert.
Einfach nur peinlich dieses Shithole.